„Junge Welt“, 26.03.2007
NATO: Ukraine und Georgien sollen innerhalb eines Jahres Mitglieder werden
Die Aufnahme der Ukraine und Georgiens in den Membership Action Plan (MAP) der NATO steht unmittelbar bevor: In genau einer Woche – am kommenden Mittwoch – kommen die Vertreter des westlichen Militärbündnisses für drei Tage zu einem Gipfel in Bukarest zusammen und wollen dort weitere Eckpunkte der Osterweiterung setzen. Die MAP gilt als Vorstufe einer Vollmitgliedschaft in dem Nordatlantikpakt, während der die militärischen Strukturen des Beitrittskandidaten an die der NATO angeglichen werden. Obwohl sich US-Präsident Bush vehement für die Integration der Ukraine und Georgiens in das aggressiv gen Osten expandierende Militärbündnis aussprach, ist deren Aufnahme allerdings innerhalb der NATO durchaus umstritten – und dieses vor allem aufgrund heftiger russischer Kritik.
Der künftige Präsident Rußlands hatte jüngst keine Zweifel an der Kontinuität von Moskaus Außenpolitik aufkommen lassen. »Wir sind nicht glücklich, was die Situation bezüglich Georgiens und der Ukraine anbelangt. Wir erachten es als extrem beunruhigend für die bestehende europäische Sicherheitsstruktur«, warnte Dimitri Medwedew in einem Zeitungsinterview (Financial Times, 25.3.2008) vor einer weiteren Expansion der westlichen Militärallianz an Rußlands Grenzen. Kein Staat wäre darüber erfreut, wenn »ein Militärblock, dem er selbst nicht angehört, in die Nähe der eigenen Grenzen kommt«, meinte Medwedew. Überdies sei die Mehrheit der Bürger der Ukraine gegen einen NATO-Beitritt, weswegen nach Ansicht des designierten russischen Staatschefs »zumindest ein Referendum« notwendig würde.
Neben den Vereinigten Staaten befürworten neun osteuropäische Länder und Kanada die Aufnahme Georgiens und der Ukraine in den MAP. Westeuropäische Mitglieder der NATO – darunter Belgien, Frankreich, Griechenland, Deutschland, Italien und Ungarn – stehen dem Vorhaben hingegen skeptisch gegenüber. Zudem macht man sich innerhalb der Militärallianz Gedanken darüber, wie mit der Ablehnung eines NATO-Beitritts durch die Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung zu verfahren sei. Im Gespräch ist beispielsweise eine zeitliche Straffung des gewöhnlich mehrjährigen MAP, so daß künftig Staaten schon nach einem Jahr diese Übergangsperiode abschließen und Vollmitglied der NATO werden könnten.
Konfrontiert mit einem solch aggressiven »Blitzbeitritt« beider ehemaliger Sowjetrepubliken in den Nordatlantikpakt, greift Rußland zu inzwischen eindringlichen Warnungen, um den Regierungen beider Staaten die verheerenden Konsequenzen eines NATO-Beitritts klarzumachen. Am 22. März ließ der kremlnahe Fernsehsender Rossija in seiner politischen Diskussionsendung »Nationales Interesse« eine Reihe von Experten und Politikern zu Wort kommen, die von einer eventuellen »Spaltung« der Ukraine wie Georgiens warnten, solle deren Regierung ihren Westkurs fortsetzen. Regierungsberater Gleb Pawlowski verwies auf die russische Minderheit in der östlichen Ukraine, die sich einem Beitritt der Ukraine zur NATO niemals fügen würde. Der russische NATO-Botschafter Dimitri Rogosin warnte ebenfalls vor »dem Zerfall« sowohl der Ukraine als auch Georgiens, sollten sie dem MAP beitreten. Die Aufnahme beider Länder in den MAP durch das westliche Militärbündnis sei »Wahnsinn« und ein »Abenteuer«.