„Junge Welt“, 27.03.2008
Prager Stadtgericht lehnt Einspruch der tschechischen Jungkommunisten gegen Verbotsverfügung ab
Die tschechische Justiz macht kurzen Prozeß mit dem Kommunistischen Jugendverband KSM. Wie eine Nachfrage am Mittwoch in Prag ergab, lehnte das dortige Stadtgericht bereits am ersten Verhandlungstag vor einer Woche einen Einspruch des KSM gegen die Verbotsverfügung des tschechischen Innenministeriums vom Oktober 2006 ab. Somit bleibt die Jugendorganisation der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSCM) weiterhin offiziell illegal. Das Gericht bestätigte ausdrücklich, daß die Auflösung des KSM durch das Innenministerium »in Übereinstimmung mit dem Gesetz« erfolgte.
Somit schlossen sich die Richter der skandalösen Argumentation der tschechischen Repressionsorgane an, die ihr Verbot mit dem Streben des KSM nach der »Beseitigung des Privateigentums an Produktionsmitteln« begründeten. Die im Programm der tschechischen Jungkommunisten festgeschriebene Überführung der kapitalistischen Eigentumsverhältnisse in »Allgemeineigentum« und der angestrebte Aufbau einer »sozialistischen Demokratie« würde nach Ansicht von Gericht und Innenministerium gegen die Menschenrechte verstoßen. Die Programmatik des KSM weiche von der tschechischen Verfassung und der Charta der fundamentalen Menschenrechte ab und befinde sich »in Widerspruch zu den grundlegenden Prinzipien der Demokratie«, so die konkreten, vom Gericht nun bestätigten Vorwürfe des Innenministeriums.
Vertreter des KSM gaben sich angesichts dieses Urteils weiterhin kämpferisch. Nur wenige Tage nach der richterlichen Verbotsbestätigung, am 22. und 23. März, hielt der kommunistische Jugendverband seinen 8. Kongreß ab, an dem über hundert Delegierte und Gäste teilnahmen. Das Verbandstreffen fand unter dem Motto »Kommunisten an der Frontlinie des Kampfes für die Rechte der Mehrheit der Jugend, für Frieden und Sozialismus!« statt. Einhellig verurteilt wurden die »antidemokratischen Attacken der Staatsmacht gegen Jungkommunisten«. Zudem weigerte sich der KSM, dem Druck nachzugeben und seine antikapitalistischen Programmpunkte zu ändern, so der KSM-Vorsitzende Milan Krajca gegenüber der Nachrichtenagentur CTK.
In einer offiziellen Erklärung betonte der Jugendverband, daß alle »Mitglieder und Freunde des KSM trotz Verbot und Verfolgung ihre Aktivitäten nicht einstellen werden«. Man werde weiterhin für die Interessen der Mehrheit der Jugend kämpfen – für Studenten, Lehrlinge, junge Arbeiter und Arbeitslose. Konkret wurde über Methoden diskutiert, wie eine Studentenbewegung gegen drohende Studiengebühren zu initiieren sei. Ein weiteres, zentrales Thema war der Kampf gegen die in Tschechien geplante US-Raketenabwehr. Auf einer Pressekonferenz stellte Krajca eine Petition gegen den Bau einer Radaranlage Washingtons vor, die von 150000 Bürgern unterschrieben wurde.
Die tschechische Staatsmacht bemüht sich hingegen, diese Oppositionspolitik des KSM möglichst bald zu unterbinden. Sobald das Gerichtsurteil an den kommunistischen Jugendverband zugestellt sei, werde das Innenministerium einen Liquidator ernennen, der den Besitz und das Vermögen des KSM beschlagnahme, erklärte dessen Pressesprecher Vladimir Repka gegenüber der Nachrichtenagentur CTK. Sollte sich die Organisation weigern, der Gerichtsentscheidung nachzukommen und ihre Aktivitäten weiterhin unter demselben Namen fortsetzen, würde dieser Fall »an die Polizei weitergeleitet werden«, drohte Repka