„Junge Welt“ vom 28.06.06
Wladimir Putin verkündet Usbekistans Reintegration in russisch dominiertes Militärbündnis OVKS
Die am vergangenen Freitag in der belarussischen Hauptstadt Minsk abgehaltene, turnusmäßige Sitzung der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) hielt eine handfeste Überraschung parat. Die 1992 gegründete OVKS ist das militärische Bündnis ehemaliger, in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) organisierter Sowjetrepubliken. Neben Rußland sind Armenien, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan und Belarus Teil der OVKS – seit dem 23. Juni kann auch Usbekistan dazu gezählt werden.
Der russische Präsident Wladimir Putin ließ es sich nicht nehmen, im Beisein des usbekischen Staatschefs Islam Karimow diese Nachricht persönlich auf der Sitzung des Rates der OVKS publik zu machen. Laut Putin habe Usbekistan das Moratorium über Aktivitäten im Rahmen der OVKS aufgehoben und sei somit wieder zum gleichberechtigten Mitglied dieser Organisation geworden. Im Vorfeld der OVKS-Sitzung war von offizieller Seite nur darauf verwiesen worden, daß Karimow als »Gast« dem Treffen beiwohnen würde.
Usbekistan gehörte zu den Gründungsmitgliedern der OVKS, doch ab 1999 setzte Taschkent zunehmend auf einen prowestlichen Kurs. Die sicherheitspolitische Kooperation vor allem mit den USA forcierend, suspendierte Karimow seinerzeit die Mitgliedschaft in der OVKS. Ihren Zenit erreichte die Westintegration Usbekistans während der Militärkampagne gegen die afghanischen Taliban 2001, als die US-Airforce die Nutzungsrechte für eine usbekische Luftwaffenbasis erhielt.
Die Beziehungen zum Westen kühlten erst mit dem Ausbrechen der »bunten Revolutionen« im postsowjetischen Raum merklich ab, die in Georgien, der Ukraine und Kirgisien westhörige Regierungen an die Macht spülten. Nachdem im Mai 2005 in der ostusbekischen, an der Grenze zu Kirgisien gelegenen Stadt Andijan eine islamistische Rebellion ausbrach und die USA deren blutige Niederschlagung durch usbekische Sicherheitskräfte vehement kritisierten, vollführte Karimow einen radikalen Kurswechsel. Binnen weniger Monate mußten die US-Streitkräfte die usbekische Militärbasis aufgeben, die Kontakte Usbekistans zu Rußland und anderen GUS-Staaten wurden wiederbelebt.