„Junge Welt“, 07.07.2008
Rußlands Präsident Medwedew tourte durch den Kaukasus und Zentralasien
Im Vorfeld des G-8-Gipfels in Japan hat der russische Präsident Dmitri Medwedew eine Reise durch etliche Staaten des Kaukasus und Zentralasiens absolviert. Die Tour durch Aserbaidschan, Turkmenistan und Kasachstan hatte die Festigung der dominierenden Stellung Rußlands in dieser ressourcenreichen Region zum Ziel. Am 3. und 4. Juli fand in Baku der heikelste Teil des Unterfangens statt, gilt doch Aserbaidschan als der einzige zuverlässige westliche Verbündete rund ums Kaspische Meer. So speisen die reichen Ölvorkommen bei Baku die vom Westen errichtete Baku-Tbilissi-Ceyhan-Pipeline, die russisches Territorium südlich – über Georgien und die Türkei – umgeht. Die Europäische Union hofft zudem, daß Aserbaidschan auch ihre geplante Nabucco-Gaspipeline mit Erdgas versorgen wird.
Genau dieses europäische Unterfangen, eine südlich von Rußland verlaufenden Gaspipeline zu errichten, bemühte sich Medwedew bei seiner Baku-Visite zu vereiteln. Nach einem Treffen mit dem aserbaidschanischen Staatschef Ilcham Alijew kündigte er offizielle Verhandlungen zwischen Baku und Moskau an, die den Aufkauf von aserbaidschanischem Erdgas durch den russischen Monopolisten Gasprom zum Ziel haben. Schon im Vorfeld der Reise Medwedews betonte Gasprom-Chef Alexej Miller, daß Rußland bereit sei, das gesamte aserbaidschanische Erdgas »zu Weltmarktpreisen« aufzukaufen. Zudem unterzeichneten beide Seiten eine »Deklaration über Freundschaft und strategische Partnerschaft«.
Bei der Medwedew-Visite am 4. Juli in Turkmenistan – dem größten Erdgasproduzenten der Region – ging es darum, europäische und chinesische Konkurrenz zu verdrängen und die dominierende Stellung Moskaus beim Erdgasexport aufrechtzuerhalten. Die jährliche turkmenische Fördermenge von 70 Milliarden Kubikmeter Gas wird derzeit von Gasprom exportiert, doch steht auch eine 7000 Kilometer lange chinesische Pipeline kurz vor der Fertigstellung. Zudem konnte die EU im April eine turkmenische Lieferverpflichtung über zehn Milliarden Kubikmeter Erdgas verbuchen. Auch in Aschgabat bot Medwedew die Erhöhung der von Rußland gezahlten Gaspreise auf »europäisches Niveau ab 2009« an, um den turkmenischen Autokraten Gurbanguly Berdymuchammedow zur Unterzeichnung weiterer langfristiger Lieferverträge mit Gasprom zu motivieren. Gegenüber RIA-Novosti gab sich Berdymuchammedow bislang bedeckt und erklärte lediglich, daß Turkmenistan seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Moskau, die teilweise bis 2025 reichen, nachkommen werde.
Bereits zum zweiten Mal seit seinem Amtsantritt wurde Medwedew am Samstag in Kasachstan vorstellig, dem wichtigsten Erdölexporteur der Region. Der kasachische Staatschef Nursultan Nasarbajew genießt die besondere Aufmerksamkeit seines russischen Amtskollegen, nachdem er sich im April bereiterklärte, in Kooperation mit Aserbaidschan die westliche Baku-Tbilissi-Ceyhan-Ölpipeline zu beliefern. Auch hier fürchtet Rußland um den Verlust seiner Monopolstellung beim Export kasachischen Erdöls durch das von der Sowjetunion geerbte Pipelinenetz. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz unterstrich Nasarbajew die Bereitschaft seines Landes zum Ausbau der Beziehungen zu Moskau.