„Junge Welt“, 02.07.2008
Treffen der GUAM-Gruppe: Georgien, Aserbaidschan und Ukraine auf dem Weg in die NATO. Republik Moldau prüft Annäherung an Moskau
Am Dienstag kamen in der georgischen Hafenstadt Batumi die Präsidenten und Spitzenpolitiker der prowestlichen GUAM-Gruppe zusammen. Auf dem Gipfel wurde vor allem der Aufbau einer umfassenden Kooperation besprochen. Bislang galt die Sicherheitsallianz der Länder Georgien, Ukraine, Aserbaidschan und Moldawien als eher lockeres Bündnis. Die Delegationen diskutierten erstmals auch ökonomische Fragen, wie den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und die energiepolitische Zusammenarbeit.
So kündigte beispielsweise der aserbaidschanische Staatschef Ilcham Alijew an, die Gasexporte Aserbaidschans nach Georgien zu intensivieren und somit die Abhängigkeit der mit Moskau zerstrittenen südkaukasischen Republik von russischen Erdgas zu mindern. GUAM habe ein »großes ökonomisches Potential«, betonte der aserbaidschanische Wirtschaftsminister Natig Alijew nach Gesprächen mit seiner georgischen Amtskollegin Ekaterina Scharaschidse, bei denen eine bessere Nutzung und Koordination der Transportkapazitäten beider Länder erörtert wurde. Zudem einigten sich die GUAM-Staaten auf einen Zusammenarbeit ihrer Grenzpolizeieinheiten ab 2009.
Das diesjährige Treffen der westÂorientierten Allianz stand unter dem Motto »GUAM einigt den Osten Europas«, und deren Generalsekretär Waleri Tschetschelaschwili machte auch klar, welches »Europa« hier gemeint sei: Man suche die Nähe der Europäischen Union, erklärte Tschetschelaschwili gegenüber der Presse.
Überschattet wurde der Gipfel von moldauischen Absetzbewegungen. So sagte die Ministerpräsidentin der Republik Moldau, Zinaida Greceanii, ihre Teilnahme kurzfristig ab und ließ sich durch ihren Innenminister vertreten. In einem Interview mit der russischen Tageszeitung Kommersant deutete der moldauische Präsident Wladimir Woronin sogar eine prinzipielle, geopolitische Umorientierung Moldawiens in Richtung Moskau an. Man sei enttäuscht darüber, daß eine vom ukrainischen Odessa bis ins polnische Gdansk geplante Ölpipeline nicht über moldauisches Territorium verlaufen soll, klagte der moldauische Staatschef. »Darüber hinaus ereigneten sich im letzten Jahr sehr merkwürdige Dinge. Gespräche über die Errichtung eigener Friedenstruppen wurden eingeleitet«, warnte Woronin. »Wir haben aber bereits international anerkannte russische Friedenstruppen, wozu brauchen wir noch mehr?« fragte der moldauische Präsident in Bezug auf die russischen Militärkontingente in den abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien, die sich nach blutigen Bürgerkriegen in den 1990er Jahren von Georgien abspalteten.
Diese neue moldauische Distanz könnte aber auch mit einer zunehmenden Ankopplung der GUAM-Saaten an die Nato in Zusammenhang stehen. Wie die russische Nesawissimaja Gaseta kurz vor dem Gipfel in Batumi meldete, soll bereits im Juli bei geheimen Sicherheitsberatungen ein »Nato-Beitritt Aserbaidschans zur Sprache kommen.« Damit wäre Aserbaidschan neben der Ukraine und Georgien das dritte Mitgliedsland der GUAM-Gruppe, »dessen Aufnahme in die Nato westliche Vertreter offen fordern«, kommentierte die russische Nachrichtenagentur RIA-Nowosti.