Nazis stoppen

„Junge Welt“, 08.11.2007
Antisemitische Provokation zum Jahrestag der Reichspogromnacht in Prag geplant. Breiter Widerstand formiert sich

Tschechiens Neonaziszene hat sich für den diesjährigen Gedenktag der Reichspogromnacht von 1938 eine besonders widerwärtige Provokation einfallen lassen. Am 10. November wollen die »Jungen Nationalen Demokraten« (Mladi Narodni Demokrate – MND) durch das jüdische Viertel Prags ziehen. In demagogischer Anlehnung an antimilitaristische Stimmungen in der tschechischen Bevölkerung geben die braunen Rattenfänger vor, »gegen die Teilnahme tschechischer Truppen am Irak-Krieg« demonstrieren zu wollen.
Aufruf zur Blockade

Bei den MND handelt es sich nach Einschätzung tschechischer Antifaschisten um eine Scheinorganisation, die bislang kaum in Erscheinung getreten ist. Der Anmelder des braunen Umzugs, Erik Sedlacek, gilt hingegen als eine zentrale Figur innerhalb des tschechischen »Nationalen Widerstands« (Narodni Odpor – NO). Bei dem NO handelt es sich um eine Nachfolgeorganisation der tschechischen Sektion des internationalen Nazinetzwerks »Blood & Honour«, dessen osteuropäische Ableger besonders aggressiv auftreten. In Polen stellten zum Beispiel Mitglieder von »Blood and Honour« Steckbriefe von linken Aktivisten und bekennenden Homosexuellen ins Internet – ein auf dieser Internetseite mit Namen und Adresse aufgeführter Anarchist wurde kurz darauf (im Mai 2006) von Nazis lebensgefährlich verletzt.

Die Neonazis mobilisieren für ihre Demonstration auch in Deutschland und Slowenien. Tschechiens radikale Rechte verfügt über relativ gute Kontakte zu den deutschen »Kameraden«. Ihre organisatorische Vernetzung erlaubt es deutschen Faschisten, bei Nazi-Konzerten und sonstigen rechtsextremen Veranstaltungen auf das tschechische Grenzgebiet auszuweichen. Umgekehrt nehmen auch Tschechiens braune Aktivisten an zentralen Aktionen der deutschen Naziszene – wie den Demos in Halbe oder Wunsiedel – teil.

Ein breites Spektrum unterschiedlicher Organisationen ruft zu vielfältigen Protestaktionen gegen die am Samstag geplante Zusammenrottung auf. Tschechische Antifaschisten wollen die Nazidemonstration ab 14.30 Uhr auf dem »Platz der Republik« blockieren. Die Nazis »wollen öffentlich die Kraft einer Bewegung demonstrieren, die auf einer Unterdrückungs- und Haßideologie baut. Stellen wir uns gemeinsam den Neonazis und zeigen wir, daß uns das Geschehen in unserer Umgebung nicht gleichgültig ist«, heißt es in einem Aufruf der tschechischen »Antifaschistischen Aktion«. Die »Jüdische Liberale Union« (ZLU) mobilisiert ebenfalls zum »aktiven Widerstand« gegen diese antisemitische Provokation – ab 13.30 Uhr an der Parizska Ulice, Ecke Maiselova Ulice. Aus Deutschland wollen sich vor allem sächsische Antifagruppen und linke Organisationen dem Naziaufmarsch in den Weg stellen.

Keinen Fußbreit

Juliane Nagel vom linken Mittelosteuropanetzwerk lavka.info stellte gegenüber junge Welt klar: »Wir werden den Marsch der Nazis nicht zulassen. Die Aktionform der Blockade wird sich auch in Prag als adäquates Mittel bewähren. Gemeinsam mit unsere linken Partnern aus Tschechien lassen wir ihnen keinen Fußbreit!«

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