Partnerwechsel

„Junge Welt“, 14.09.2007
Bulgarien und Rumänien stellen Militärbasen für US-Truppen zu Verfügung. Schwarzes Meer im Fokus Washingtons

Bulgariens zeigt sich entschlossen, seine Streitkräfte zu modernisieren. Dies sei die »vorrangige Aufgabe des Verteidigungsministeriums«, erklärte Verteidigungsminister Vesselin Bliznakov nach einem Treffen mit dem NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer Ende vergangener Woche. Gegenüber der Presse mußte der Verteidigungsminister jedoch eingestehen, daß zwar die Bereitschaft zur Realisierung der kostspieligen von der NATO angemahnten Reformen bestehe, doch die »begrenzten finanziellen Mittel« dem entgegenstünden.

Tatsächlich dürfte eine umfassende »Modernisierung« der Streitkräfte durch das verarmte südosteuropäische Land kaum im Alleingang zu bewerkstelligen sein. Derzeit gilt die bulgarische Armee als die »ärmste« Streitmacht der NATO, deren Angehörige mit den »niedrigsten Sozialstandards« innerhalb des westlichen Militärbündnisses zurechtkommen müssen, wie die Medien des Landes unlängst berichteten. Während Frankreich und die Niederlande im Schnitt zwischen 32000 und 35000 US-Dollar jährlich für einen Soldaten aufwenden, sind es in Bulgarien gerade mal 2490 US-Dollar. Forciert werden soll jetzt vor allem die Aufrüstung. Schon im August hatte General Zlatan Stojkow angekündigt, Bulgarien werde bald über U-Boote, Schiffe, eine richtige Kriegsmarine verfügen. Entsprechende Beschlüsse des Ministerrats werden für diesen Monat erwartet.

Wie des Generals Wunschzettel realisiert werden soll, wurde deutlich, als Anfang August ein mit Lenkwaffen ausgestattete US-Kriegsschiff im bulgarischen Hafen Varna eintraf, um gemeinsame Manöver mit der Marine des 2004 der NATO beigetretenen Landes abzuhalten. Am 17. August wurde dann ein eine »historische« zweimonatige Militärübung gestartet, an der neben bulgarischen Verbänden und etwa 1000 amerikanischen Militärangehörigen auch rumänische Streitkräfte beteiligt waren.

Eine »neue Ära für das US-Militär in Osteuropa« habe begonnen, berichtete damals die US-amerikanische Militärpostille Stars and Stripes. Das Manöver diene als »Testlauf« für die »Rotation von Tausenden US-Soldaten« in der Region. Neben dem am Schwarzen Meer gelegenen Luftstützpunkt Mihail Kogalniceanu, auf dem die feierliche Eröffnung des Manövers stattfand, sollen noch drei weitere Militärbasen in Rumänien von den US-Streitkräften betrieben werden.

Bulgarien stellt mit den Einrichtungen in Bezmer, Graf Ignatievo, Novo Selo sowie Aytos ebenfalls vier Stützpunke für das amerikanische Militär zur Verfügung. Bis zu 2500 US-Soldaten können sich laut einem Militärabkommen von 2006 in Bulgarien aufhalten. Zudem soll in einem Hauptquartier auf dem Stützpunkt Mihail Kogalniceanu eine schnelle Eingreifftruppe der USA befehligt werden, die auch den Kaukasus – eine traditionelle Einflußphäre Rußlands – zu ihren Einsatzgebieten zählen wird. Bislang halten sich aber die amerikanischen Stellen bedeckt, wann welche Einheiten nach Bulgarien und Rumänien verlegt werden.

Das Engagement der USA in der Region ist primär gegen Rußland gerichtet, das sich bemüht, seinen in den 90er Jahren verlorenen Einfluß zurückzugewinnen. Innerhalb des russischen Militärs gibt es vor allem Überlegungen, die Präsenz der russischen Marine im Mittelmeer wiederherzustellen – dieses Vorhaben werden die amerikanischen Stützpunkte mitsamt der damit einhergehenden Flottenbewegungen zumindest erschweren. Überdies gewinnt das Schwarze Meer als Transportraum für kaukasische und asiatische Energieträger an Bedeutung.

Laut der bulgarischen Nachrichtenagentur Focus lösten die Planungen der US-Streitkräfte für ihre Präsenz in Südosteuropa aber nicht nur in Moskau, sondern auch in Ankara erhebliche Besorgnis aus. Rußland und die Türkei verstehen sich als die dominierenden Mächte der Schwarzmeerregion. »Obwohl Mitglied der NATO, will die Türkei die USA auf Distanz halten, da sie sich als eine Regionalmacht im Mittelmeer und dem Schwarzen Meer sieht und ihren Einfluß behalten will«, so Focus. Rußland und die Türkei unterhalten mit BLACKSEAFOR eine eigenes regionales Sicherheitsbündnis, an dem noch die Ukraine, Georgien und – zumindest formell – Rumä­nien sowie Bulgarien beteiligt sind. Ziel dieses multilateralen Abkommens ist die Förderung von Sicherheit, Stabilität und gutnachbarschaftlichen Beziehungen am Schwarzen Meer.

Bulgarien und Rumänien scheinen bereit zu sein, diese durchaus gut funktionierende, regionale Sicherheitsstruktur aufs Spiel zu setzen, um im Bündnis mit den USA von deren regionaler Expansion zu profitieren. Offenbar hofft man in Sofia und Bukarest, von Wa­shington für die treuen Dienste belohnt zu werden – vielleicht sogar mit günstig angebotenen U-Booten und Kriegsschiffen, von denen General Stojkow träumt. Wie das Beispiel Polen zeigt, kann diese Hoffnung aber trügerisch sein. Die USA haben bisher nur einen Bruchteil der Versprechen erfüllt, mit denen sie die Beteiligung Warschaus an dem Überfall auf den Irak erkauft haben.

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