„Junge Welt“, 12.09.2007
Putin verkauft Indonesien Waffensysteme und läßt sich von Australien Uran für seine Kernkraftwerke liefern
In den Chefetagen russischer Militärkonzerne dürften jüngst mal wieder die Sektkorken geknallt haben. Während seiner Fernost- und Australien-Reise in der vergangenen Woche konnte Präsident Wladimir Putin in Jakarta einen Vertrag über Waffenlieferungen im Wert von umgerechnet einer Milliarde US-Dollar abschließen. Der indonesische Verteidigungsminister Juwono Sudarsono erklärte, sein Land werde bis 2010 russische Jagdflugzeuge des Typs »Suchoj«, zwei U-Boote, 20 Panzer und mehrere Kampfhubschrauber beziehen. Rußland gewährte dem südostasiatischen Inselstaat zu diesem Zweck einen entsprechenden Staatskredit in Höhe von einer Milliarde US-Dollar, der binnen 15 Jahren zurückzuzahlen ist.
Laut der Nachrichtenagentur RIA-Nowosti wies Präsident Putin bei einer Pressekonferenz aufkommende Kritik an diesem Waffendeal entschieden zurück: »Das sind legitime und offene Geschäfte, die nach unserer tiefen Überzeugung keine negativen Folgen in der Welt nach sich ziehen und keinerlei Balance verletzen.« Noch bis vor kurzem waren die Vereinigten Staaten der wichtigste Waffenlieferant Indonesiens, bis sie die militärische Zusammenarbeit mit dem Inselstaat 1999 aufgrund dessen brutalen Vorgehens gegen die Unabhängigkeitsbewegung in Osttimor einstellten. Das amerikanische Waffenembargo wurde 2005 aufgehoben.
Bei der ersten Indonesien-Visite eines russischen Präsidenten bekräftigte Moskau auch seine Bereitschaft, beim Bau eines Atomkraftwerkes in der Inselrepublik nördlich Australiens mitzuwirken. »Angesichts der Absicht Indonesiens, bis 2016 das erste eigene AKW auf Java zu bauen, könnten wir unseren Beitrag zur effektiven Umsetzung dieses Projekts leisten«, betonte Putin laut RIA-Nowosti vor Unternehmern beider Staaten am Donnerstag.
Während Putins eintägigem Staatsbesuch wurden überdies umfangreiche Wirtschaftsabkommen vereinbart, die vor allem auf die Modernisierung des indonesischen Bergbau- und Ölsektors gerichtet sind. Der dortige Bergbaukonzern Aneka Tambang schloß ein Abkommen über drei Milliarden US-Dollar mit dem Aluminiumhersteller RusAl ab, während der russische Lukoil-Konzern die Anlagen der staatlichen indonesischen Ölgesellschaft Pertamina für eine Milliarde US-Dollar modernisieren soll.
Australien, das ansonsten mit US-amerikanischer Rückendeckung als eine regionale Ordnungsmacht auftritt, reagierte unerwartet gelassen auf diese umfassende Annäherung zwischen Moskau und Jakarta. Sein Land sei über die Lieferungen russischer Waffen an Indonesien überhaupt nicht besorgt, sagte der australische Außenminister Alexander Downer am Freitag in Sydney. Zu diesem Zeitpunkt weilte Putin bereits in Australien, wo er einen weiteren Coup russischer Außenpolitik im amerikanischen Einflußbereich verkündete.
Der australische Premier John Howard und Präsident Putin unterzeichneten ein Atomabkommen, das die Lieferung australischen Urans im Wert von umgerechnet 604 Millionen Euro an Rußland vorsieht. Beide Politiker wiesen Kritik an diesem umfangreichen Geschäft zurück, da das Uran nur zur friedlichen Nutzung der Kernenergie eingesetzt werden dürfe. Rußland plant, in den kommenden zwei Dekaden 30 neue Atomkraftwerke zu bauen. Australien wiederum verfügt über 40 Prozent der weltweit bekannten Uranreserven, nutzt aber selbst nicht die Kernenergie. Somit verwundert es nicht, wenn Can-berra beide Augen bei dem indonesisch-russischen Waffendeal zudrückt.