„Jungewelt“, 30.08.2007
Polen: Stadtverwaltung von Kielce engagiert Sicherheitsdienst gegen Streikmannschaft der Verkehrsbetriebe
Seit dem 14. August befinden sich die kommunalen Verkehrsbetriebe (MPK) der südpolnischen Stadt Kielce in einem Generalstreik. Die Angestellten protestieren gegen die geplante Privatisierung ihres Betriebs, der an den französischen Konzern Veolia Transport verkauft werden soll. Die Stadtverwaltung hat bereits einen Vorvertrag mit Veolia abgeschlossen, ohne soziale Mindestgarantien für die Beschäftigten festzulegen. Die Streikenden in Kielce werden von der Gewerkschaft »Solidarnosc« unterstützt, die ansonsten nicht gerade als besonders kämpferisch gilt.
In der Nacht zum Mittwoch eskalierte die Lage auf dem bestreikten Gelände. Eine Gruppe von 80 privaten Sicherheitsleuten griff die Streikmannschaft an. Den martialisch gekleideten Securitymännern gelang es, die Streikenden aus ihren Betrieb zu prügeln und diesen zu besetzen. In Zuge dieser Aktion wurde mindestens ein Streikposten ernsthaft verletzt.
Der Gegenangriff der erbosten Angestellten erfolgte in den frühen Morgenstunden. An die 100 Menschen schafften es, die aus Schlesien mit einem Bus herangekarrten Sicherheitsleute aus den Gebäudekomplex der MPK herauszudrängen. Polizeisprecher gaben an, daß fünf der angeheuerten Privatschläger Verletzungen erlitten und einer von ihnen ins Krankenhaus eingeliefert werden mußte. Im Verlauf des Mittwochs wurden die privaten Sicherheitsmannschaften von Polizeieinheiten verstärkt, die der inzwischen auf 200 Menschen angewachsenen Menge gegenüberstehen. Die Lage blieb bis zum Redaktionsschluß angespannt.
In einem Rundfunkinterview kritisierte der Vorsitzende der konservativen Gewerkschaft »Solidarnosc«, Janusz Dniadek, die Vorgehensweise der Stadtregierung von Kielce: »Mit einer privaten Sicherheitsfirma gegen streikende Fahrer vorzugehen, das will einem doch nicht in den Kopf«, so Dniadek. Präsident und Premier Kaczynski können auf die strikt antikommunistische »Solidarnosc« als einen festen Verbündeten zählen, die sich bereits bei einem kürzlich in Gdansk abgehaltenen Parteitreffen der PiS offen zu diesem Bündnis bekannte.
Die Solidarnosc unterstützte schon während der letzten Wahlen 2005 die PiS. Die Konservativen präsentierten sich damals als eine »soziale Kraft«, die ein »solidarisches Polen« aufbauen werde.