Mit Macht und Geld ostwärts

„Junge Welt“, 17.04.2007
Die Ukraine und Georgien sollen in die NATO aufgenommen werden. Protest aus Moskau

Die diplomatischen Auseinandersetzungen zwischen Rußland und den USA wurden um eine Facette erweitert, als George W. Bush in der vergangenen Woche zur Feder griff: Der US-Präsident unterschrieb ein vom Repräsentantenhaus verabschiedetes Gesetzespaket, das den »zeitigen Beitritt« von fünf Staaten in die NATO befürwortet. Neben den Balkanrepubliken Alba­nien, Kroatien und Mazedonien sollen auch die Ukraine und Georgien zum Zweck der »Festigung der Freiheit im Rahmen der NATO« in das westliche Militärbündnis aufgenommen werden. Das Gesetz sieht auch eine stärkere finanzielle und militärpolitische Unterstützung der Beitrittsaspiranten durch die USA vor. Beide ehemalige Sowjetrepubliken sind bereits Mitglieder im NATO-Programm »Partnerschaft für den Frieden«.

Die russische Staatsduma kritisierte den Vorstoß Washingtons umgehend als Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder: »Die Position der Völker dieser Staaten« zum NATO-Beitritt stehe noch nicht fest. Der Kreml hatte in der Vergangenheit wiederholt betont, daß Rußland die Verhandlungen über eine Mitgliedschaft der ehemaligen Sowjetrepubliken Georgien und Ukraine in der NATO als Bedrohung ansieht. Diesmal erklärte ein Sprecher des russischen Außenministeriums, daß derartige Schritte nicht »zur politischen Stabilisierung der Ukraine im Verfassungsrahmen« beitragen. Es sei schließlich auch die Frage der NATO-Mitgliedschaft gewesen, die zu der aktuellen Krise in der Ukraine beigetragen habe, erklärte das russische Außenministerium weiter.

Aus dem derzeit politisch weitgehend gelähmten Kiew wurde »Dankbarkeit« für die amerikanische Unterstützung der Beitrittsbemühungen des Landes geäußert. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß der für die Erklärung zuständige ukrainische Außenminister vom prowestlichen Präsidenten der Ukraine, Viktor Juschtschenko, ernannt wird. Derweil steht die rußlandfreundliche Parlaments- und Regierungsmehrheit um Premier Viktor Janukowitsch einem etwaigen NATO-Beitritt reserviert bis offen ablehnend gegenüber. Die Regierung weiß die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite – mit Ausnahme einiger westlicher Regionen überwiegt im gesamten Land die Ablehnung eines Beitritts zur NATO deutlich. In einer kürzlich von der Kommunistischen Partei der Ukraine im Osten des Landes organisierten Umfrage sprachen sich jeweils über 90 Prozent der 2,2 Millionen Befragten dagegen und für die Festigung der Kooperation mit Rußland, Belarus und Kasachstan aus.

In Georgien plädieren zwar über 80 Prozent der Einwohner für den Beitritt ihres Landes zur NATO, doch kontrolliert hier die prowestliche Regierung um Präsident Michail Saakaschwili nicht das gesamte Territorium des Landes. Die beiden abtrünnigen Republiken Abchasien und Südossetien erschweren einen baldigen Beitritt des südkaukasischen Staates. Erst am vergangenen Dienstag kam es in New York zu einer heftigen diplomatischen Auseinandersetzung, als die USA dem abchasischen Außenminister die Einreise zu einer Sondersitzung der UN verweigerten, auf der über die Verlängerung der Friedensmission in Georgien beraten werden sollte. Rußland dürfte die beiden abtrünnigen Republiken auch deswegen weiterhin unterstützen, weil in Washington inzwischen Planspiele kursieren, ihre in Osteuropa geplante Raketenabwehr auch auf den Kaukasus auszuweiten – hier käme nur Georgien als Standort in Frage.

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