Klima für Extremismus

Telepolis, 05.08.2018

Wie die sich immer deutlicher abzeichnende Klimakrise und der rechte Identitäts- und Abschottungswahn ineinandergreifen

Harmlose Bemerkungen über das Wetter, um mal eine kurze Plauderei mit dem Nachbarn einzuleiten, scheinen in diesem Sommer nicht mehr möglich zu sein. Wenn etwa der Tagesspiegel angesichts der extremen Hitzewelle, die weite Teile der Nordhalbkugel erfasst hat, in einem Artikel fragt, was denn „da los“ sei, dann hat das den Beigeschmack des Apokalyptischen

Es sind nicht einfach nur die lokalen Hitzerekorde, die reihenweise aufgestellt werden, oder die mörderischen Feuersbrünste, die ganze Regionen verwüsten – es sind einerseits die lang anhaltenden extremen Temperaturabweichungen insbesondere im hohen Norden und der Arktis, die charakteristisch sind für dieses extreme Wetterereignis. In Ostsibirien wurden die Durchschnittswerte um 20 Grad überschritten: Das Quecksilber kletterte dort auf 32 Grad Celsius. In Skandinavien brennen nördlich des Polarkreises die Wälder. Am Polarkreis – in Schweden, Norwegen, Finnland – wurden absurde Temperaturrekorde von bis zu 33,5 Grad Celsius registriert.

Andrerseits ist es eine wahrhaft globale Hitzewelle, die in Europa, Großbritannien, Japan, Kanada, und dem Nahen Osten herrschte. Zudem erreicht die Hitze, gerade im globalen Süden, inzwischen schlicht lebensbedrohliche Ausmaße. Im Iran, im Irak und in Algerien kletterte das Quecksilber zeitweilig auf mehr als 50 Grad Celsius. Schon ab 37 Grad Außentemperatur kann der menschliche Körper die Wärme nicht mehr effizient abgeben. Insbesondere in Wechselwirkung mit einer hohen Luftfestigkeit sind solche Temperaturen jenseits der menschlichen Körpertemperatur über längere Zeiträume schlicht tödlich.

Dialektik des Klimawandels

Vor allem die extremen Temperaturen in der Arktis können – sollte sich dieses Muster etablieren – mittelfristig katastrophale Folgen für das gesamte Weltklima nach sich ziehen. Zum einen fungiert die Eisdecke der Arktis, die gerade dabei ist, im Sommer größtenteils zu verschwinden, als gigantische Retentionsfläche, die den Treibhauseffekt mindert. Sobald das Sommereis in der Region im Sommer tatsächlich weitgehend abschmilzt, wird sich dieser „Kühlschrank“ des Weltklimas zu dessen „Heizung“ wandeln, da Wasser ein guter Wärmeträger ist.

Im arktischen Permafrost und auf dem Grund arktischer Meere lagern aber gigantische Mengen an Treibhausgasen, die in einem solchen Fall durch rapides Abschmelzen unkontrollierbar freigesetzt würden. Die Mengen der in der rasch auftauenden Arktis lagernden Treibhausgase übersteigen die bereits im Zuge der Expansion des kapitalistischen Weltsystems historisch freigesetzten CO2-Emissionen.

Somit stellt sich akut die Frage, ob inzwischen einer der berüchtigten Kipppunkte des Weltklimasystems überschritten wurde. Hierunter versteht die Klimawissenschaft qualitative Schwellwerte, deren Überschreiten das globale Klimasystem plötzlich in einen qualitativ anderen Zustand umschlagen lässt. Positive Rückkopplungseffekte würden so den Erwärmungsprozess beim Überschreiten der Schwellwerte immer weiter befeuern, er würde sich jeglicher Kontrolle entziehen. Gerade die Arktis wird als die Region ausgemacht, in der zuerst solche „Tipping Points“ überschritten werden könnten, indem das Sommereis verschwindet oder die grönländischen Gletscher abschmelzen.

Klimawandel findet somit – dies haben auch klimageschichtliche Forschungen bewiesen – nicht graduell über Jahrhunderte oder Jahrtausende statt, sondern plötzlich, sprunghaft. Langfristige, quantitative Veränderungen im globalen Klimasystem, wie der historische Anstieg der CO2-Konzentration im Rahmen des Take-off der kapitalistischen Weltverbrennungsmaschine, führen ab dem Überschreiten entsprechender Schwellwerte oder Kipppunkte zum raschen Umschlag des gesamten Systems in einen anderen Zustand. Die evidente Dialektik des Klimawandels, bei der quantitative Veränderungen zu einem qualitativen Bruch des Gesamtsystems führen, birgt somit ein evident zivilisationsbedrohendes Potenzial.

Katastrophenkapitalismus

Das Kapital fungiert einerseits als Klimakiller, da sein Wachstumszwang – die irrationale Tautologie, aus Geld mehr Geld zu machen – die reelle Welt als bloßes Material uferloser Akkumulation abstrakten Reichtums begreift. Diese blinde globale Dynamik wird durch Produktivitätssteigerungen noch zusätzlich angeheizt, da immer größere Warenmengen zur Akkumulation derselben Wertmasse verkauft werden müssen, sodass im Spätkapitalismus, der an seiner eigenen Produktivität zu ersticken droht, zunehmend für die Müllhalde produziert wird: vom Sockenpaar bis zum vollverlöteten Apple-Unibody-Laptop.

Der durch die kapitalistische Ressourcenverbrennung – die gerade nicht der Bedürfnisbefriedigung, sondern der uferlosen Akkumulation von Kapital dient – ausgelöste Klimawandel tritt in Krisenzeiten in Wechselwirkung mit der maroden gesellschaftlichen Infrastruktur der spätkapitalistischen Gesellschaften, die im Rahmen von Sparmaßnahmen und Austeritätspolitik buchstäblich kaputtgespart wird. Das ist gerade im „Deutschen“ Europa der Fall, das vom ehemaligen Finanzminister Schäuble auf eine rabiate neoliberale Spardiät gesetzt wurde.

Dies wird gerade an den verheerenden, mörderischen Waldbränden in Griechenland evident. Griechische Einsatzkräfte beschwerten sich beispielsweise über die unzureichenden Mittel, die ihnen – nach Jahren der Schäublerischen Sparprogramme in Hellas – zur Verfügung stünden. Feuerwehrleute klagten gegenüber dem The Sydney Morning Herald, dass sie aufgrund der „Austeritätsmaßnahmen“ sehr schlecht auf größere Feuer vorbereitet seien: „Wir haben über Jahre um mehr Ressourcen gebeten. Wir fragen nach neuen Flugzeugen.“ Den desaströsen Zustand der kaputtgesparten griechischen Feuerwehr bestätigte in einem Kommentar auch Matt Wrack, Generalsekretär der britischen Feuerwehrgewerkschaft (Fire Brigades Union), der bei einer Visite in Hellas die Folgen der „Austerität“ auf die Fähigkeit zur Feuerbekämpfung studierte.

Seit 2010 musste Griechenland über mehrere Jahre hinweg die Ausgaben für die Feuerbekämpfung senken, um den Sparsadismus des deutschen Finanzministers zu befriedigen – durch Lohnkürzungen, wie auch durch blanken Verzicht auf notwendige Ausrüstung und Material. Von seinem Höchstwert von 663 Millionen Euro im Jahr 2009 schrumpfte der Haushaltsposten auf nur noch 455 Millionen im Krisenjahr 2014. Unter der sozialdemokratischen Syriza-Regierung stiegen die Aufwendungen für den Brandschutz leicht auf 510 Millionen im haushaltsjahr 2016. Doch dann musste Athen weitere Sparvorgaben umsetzen: Im März 2017 wurden die Aufwendungen für Feuerbekämpfung erneut um 34 Millionen Euro gekürzt.

Dabei warnten schon 2010 US-Medien unter Verweis auf griechische Zeitungsberichte davor, dass weitere Haushaltskürzungen in diesem sensiblen Sektor das Risiko „verheerende Waldbrände“ in Griechenland erhöhen. Griechenlands Probleme mit Waldbränden würden durch ökonomische Faktoren verstärkt, warnte auch die Tageszeitung Kathimerini kurz nach dem Beschluss einer abermaligen Sparrunde im Juni 2010. Dies geschehe durch die „Reduzierung der Anzahl der Feuerwehrleute, ihrer Löhne und der Ausrüstung, die sie benutzen“.

Eine ähnliche Wechselwirkung aus zunehmenden extremen Wetterereignissen und krisenbedingter Zerrüttung der essenziellen gesellschaftlichen Infrastruktur hat auch die letztjährige Feuerkatastrophe in Portugal begünstigt, der 60 Menschen zum Opfer fielen.

Diese krisenhaften Tendenzen in Europas brennender Peripherie, exekutiert auch vom damaligen deutschen Finanzminister, können auf den Begriff des Katastrophenkapitalismus gebracht werden: Das Kapital ist bei Klimakatastrophen inzwischen sowohl bei deren Ursache als auch deren Folgen ein Faktor. Während der privatisierungsgeile, derregulierende Neoliberalismus und die krisenbedingte Unterfinanzierung der Infrastruktur die Krisenanfälligkeit der spätkapitalistischen Gesellschaften erhöht, sabotiert der uferlose Wachstumszwang des Kapitals alle Bemühungen um eine substanzielle Reduzierung der Treibhausgasemissionen.

Es handelt sich somit um ein Ineinandergreifen des kapitalgetriebenen Klimawandels, befeuert durch die selbstzweckhafte Wachstumswut der globalen Wirtschaftsmaschine, sowie der krisenbedingten Zerrüttung der Infrastruktur der spätkapitalistischen Krisenregionen, die einfach nicht mehr ausreichend „finanziert“ wird.

Binnenkapitalistische Perspektive: Die unbewohnbare Erde

Die zerrütteten, innerlich destabilisierten spätkapitalistischen Gesellschaften werden sich somit mit einem Klimawandel konfrontiert sehen, der viel schneller abläuft, als noch vor wenigen Jahren vom Mainstream der Klimawissenschaft prognostiziert. Diese historische Tendenz der Klimawissenschaft, deren pessimistische Prognosen sich regelmäßig als zu optimistisch erweisen, gilt nicht nur für den Anstieg des Meeresspiegels, der laut neusten Berechnungen doppelt so hoch ausfallen wird wie zuvor angenommen. (Und auch diese Prognose ignoriert die Möglichkeit „dialektischer“ Umbrüche im Klimasystem und eines plötzlichen, massiven Anstiegs des Meeresspiegels).

Inzwischen werden die Prognosen für den Anstieg der Durchschnittstemperatur munter nach oben korrigiert. Eine in diesem Jahr publizierte Studie geht davon aus, dass die globale Durchschnittstemperatur noch in diesem Jahrhundert um bis zu vier Grad Celsius ansteigt. Ohne massive Einschränkung der CO2-Emissionen werde diese apokalyptische Marke irgendwann zwischen 2064 und 2095 überschritten. Die Vorgaben des „historischen“ Klimagipfels von Paris sind längst Makulatur. Was dies bedeuten würde, machte eine schon 2009 vom New Scientist publizierte Prognose offensichtlich: Große Teile unserer spätkapitalistischen Welt könnten nicht mehr bewohnt werden.

So furchtbar die sich deutlich abzeichnende Perspektive eines rapiden Meeresspiegelanstiegs ist, sie verblasst angesichts der Aussicht darauf, dass weite Teile der Welt unbewohnbar werden – schlicht aufgrund der steigenden, bereits jetzt ins Lebensbedrohliche umschlagenden Temperaturen. Ganze Kontinente wie Afrika, weite Teile der Tropen und des Mittleren Ostens – insbesondere der Region um den Persischen Golf – würden durch häufig lebensgefährliche Hitzewellen und auch durch den langsamen Anstieg der Durchschnittstemperatur unbewohnbar.

Hunderte Millionen Menschen leben in Regionen, deren Klima bereits jetzt gesundheitsschädlich ist. In „wenigen Dekaden“, hieß es in dem berühmten Essay „The Uninhabitalbe Earth“, werde etwa die massenhafte Pilgerfahrt nach Mekka nicht mehr möglich sein, während in Costa Rica bereits jetzt Feldarbeiter aufgrund der zunehmenden Hitze unter Nierenschäden litten.

Und es wird gerade dieser „kapitalgemachte“ Klimawandel sein, der die zukünftigen Flüchtlingsströme aus dem globalen Süden hauptsächlich antreiben wird, wie etliche Studien in den vergangenen Jahren konstatierten. Tatsächlich ist die rasche Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre im Zuge der Durchsetzung des Kapitalismus beispiellos – die Sonnenenergie, die über Jahrmillionen in fossilen Energieträgern gespeichert wurde, ist in einem klimahistorischen Wimpernschlag von der kapitalistischen Mehrwertmaschine freigesetzt worden, um ihren Verwertungsselbstzweck zu prolongieren.

Das eigentlich Deprimierende an der Lektüre wissenschaftlich begründeter – zumindest wahrscheinlicher – apokalyptischer Prognosen aber ist die Unfähigkeit der meisten Naturwissenschaftler, aus dem kapitalistischen Gedankengefängnis auszubrechen und überhaupt einen Begriff vom Kapital zu entwickeln. Meistens ist in diesem Zusammenhang die Rede vom großen „Wir“, vom Menschen an sich, der sich blind sein Grab schaufle. Der jahrelang als Alarmist verschriene James Hansen, der immerhin vor den wirtschaftlichen Interessen warnte, die in Washington in Klimafragen das Sagen haben, ist eine Ausnahme.

Rechte Klimaprofiteure und der Weg in den Klima-Genozid

Die evidente Dialektik des Klimawandels, der sich abzeichnende Umbruch des globalen Klimasystems; er müsste eigentlich das Kalkül der populistische Neuen Rechten durchkreuzen, das schlicht darauf abzielte, von der Leugnung des Klimawandels politisch und finanziell zu profitieren und darauf zu hoffen, dass die Apokalypse nach dem eigenen Ableben einsetzen möge. Diese rechte Logik des „Nach mir die Sintflut“ blamiert sich gerade an der Realität eines viel schneller, sprunghaft ablaufenden Klimawandels. Die Klimaleugner der Neuen Rechten samt ihrer „Denkfabriken“, Lobbygruppen und ihrer Finanziers aus der „fossilen“ Wirtschaft (Die große Klimaverschwörung) müssten sich somit in der politischen Defensive befinden.

Nicht nur der politische Borderliner Trump, der die Klimaforschung nach Kräften sabotiert, auch die Klimaleugner der AfD stehen nun auch in Hinblick auf ihre Klimapolitik als gefährliche Irre da. Für die deutschen Rechtspopulisten ist CO2 „kein Schadstoff, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens“, der positive Wirkungen auf „das Pflanzenwachstum und damit auf die Welternährung“ entfalte, hieß es im Programmentwurf 2016. Danach folgte der übliche, infantile AfD-Stammtischhumor: „Das Stigmatisieren des CO2 als Schadstoff werden wir beenden.“

Und dennoch befinden sich die spätkapitalistischen Gesellschaften im Zentrum des Weltsystems derzeit in einem absurd anmutenden Identitätswahn, von dem die Neue Rechte profitiert, anstatt über die existenzielle Bedrohung durch den Klimawandel zu debattieren. Burka, Minarett, Lederhose und Kruzifix scheinen wichtiger als der sich beschleunigende Anstieg des Meeresspiegels oder die rasant steigenden Temperaturen.

Und dennoch hat diese hitzige, die Verrohung des öffentlichen Diskurses befördernde Debatte ihre böse Binnenrationalität – sie dient der Stigmatisierung, der Exklusion und vor allem der Abschottung im globalen Norden. Die Flüchtlinge müssen weg, weil sie nicht zu „uns“ passen, so der kulturalistische oder rassistische Mantra der Neuen Rechten, die damit die ganz konkrete Abschottung der Festung Europa gegenüber Klimaflüchtlingen legitimieren will. Die zunehmende rhetorische Verrohung, die Barbarisierung der öffentlichen Diskussion, in dem schon mal über das „Absaufen“ von Menschen debattiert wird, fungiert als Vorstufe der ganz konkreten Barbarei.

Der Weg in die Barbarei zeichnet sich überdeutlich ab: Die Klimaflüchtlinge der kommenden Dekaden, die vor einem buchstäblich tödlichen Klimawandel fliehen werden, sollen an der Flucht gehindert werden. Die notorischen Klimaleugner der Neuen Rechten dürften somit vom Klimawandel profitieren, indem sie die krisenbedingte Barbarisierung der Gesellschaften im globalen Norden immer weiter forcieren und die Akzeptanz des Zivilisationsbruchs befördern.

Letztendlich sollen die Menschen des globalen Südens dort dem Hitzetod erliegen, anstatt in den Norden zu fliehen – dies ist die implizite Konsequenz der rechten Abschottungspolitik, die bereits jetzt in Ansätzen ein regelrechtes Outsourcing der Barbarei betreibt. Das ist die Konsequenz eines Extremismus der Mitte, der letztendlich in den Massenmord führt: Es ist der zum monströsen Scheitern verurteilte Versuch, am Bestehenden festzuhalten, das krisenbedingt in Auflösung übergeht. Grenzen dicht am Beginn einer Ära des Klimaumbruchs, der ganze Nationen auslöschen wird – dies ist der erste konkrete Schritt in den Genozid an all jenen Menschen, die in den kommenden Dekaden einen tödlichen Klimawandel zu entkommen versuchen werden.

Das einzig Vernünftige, Mittlere: Die Systemtransformation

Der so erfolgreiche Extremismus der Mitte, den das System in seiner Krise ausschwitzt, speist sich aus dem Verharren im Bestehenden, in den etablierten, aber in Auflösung befindlichen Formen kapitalistischer Vergesellschaftung, wie Kapital, Markt, Geld, Nationalstaat, etc. (Dies macht ihn auch so erfolgreich: es ist kein „Umdenken“ notwendig, man verbleibt im eingefahrenen ideologischen Gleis, dass immer weiter graduell in die Barbarei führt).

Die „einfachen Wahrheiten“, die aus der Systemlogik in Krisenzeiten erwachsen, führen geradewegs in den Genozid. Konkret bedeutet dies, dass all die überflüssigen Menschenmassen der Peripherie im kommenden Klimachaos verrecken müssen, damit im Norden noch die Illusion einer halbwegs funktionierenden kapitalistischen Gesellschaft aufrechterhalten werden kann.

Angesichts dieses Extremismus, der aus der Mitte der kriselnden und angstschwitzenden kapitalistischen Gesellschaften aufsteigt, gibt es de facto nur eine konsequente zivilisatorische Perspektive: die Systemtransformation. Die Überwindung des amoklaufenden kapitalistischen Wachstumszwangs, der die konkrete Welt verbrennt, um abstrakten Reichtum zu akkumulieren, ist eine Frage des nackten zivilisatorischen Überlebens. Der identitäre Wahn, der Ausgrenzungsdiskurs der Neuen Rechten müsste einem breiten gesamtgesellschaftlichen Transformationsdiskurs weichen, bei dem postkapitalistische Formen der gesellschaftlichen Reproduktion diskutiert würden.

Die technischen und organisatorischen Mittel, den kommenden Klimaumbruch ohne Zivilisationsbruch zu überstehen, sind allemal gegeben. Es gilt, das im Schoß der sterbenden spätkapitalistischen Gesellschaften herangereifte technisch-wissenschaftliche Potenzial von den Fesseln der kapitalistischen Produktionsweise, des uferlosen Verwertungszwangs des Kapitalverhältnisses, zu befreien. Anstatt für die Müllhalde zu produzieren, würden die effizienteste globale Ressourcennutzung und der Aufbau einer globalen Infrastruktur zur Bewältigung des Klimawandels in den Fokus der Reproduktion einer postkapitalistischen Weltgesellschaft rücken.

Es wäre die Aufgabe der derzeit in der Defensive sich befindlichen fortschrittlichen, emanzipatorischen Kräfte, die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Klimaforschung, die inzwischen oft genug durch politische Interventionen verwässert werden, auf ihren praktischen Nenner zu bringen: Der Kapitalismus muss schnellstmöglich überwunden werden.

Das ist eine einfache Frage des Überlebens der menschlichen Zivilisation, die angesichts der evidenten Erkenntnisse und aktuellen Tendenzen auf der Hand liegt. Um es ganz klar zu formulieren: Unendliches Wachstum ist in einer endlichen Welt letztendlich tödlich. Dies scheint inzwischen selbst den kapitalistischen Eliten zu dämmern, unter denen Absetz- und Abkapslungsbemühungen zunehmen (Exodus der Geldmenschen).

Fazit: Eine globale Anstrengung zur Abwendung der drohenden globalen Klimakatastrophe ist nur bei Überwindung des kapitalistischen Wachstums- und Verwertungszwangs möglich. Dies scheint angesichts des gegenwärtigen politischen Klimas nicht gerade wahrscheinlich, ist aber dennoch buchstäblich überlebensnotwendig

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