Telepolis, 28.10.2017
Das sich deutlich abzeichnende Ende der globalen US-Hegemonie blamiert den deutschen Antiamerikanismus bis auf die Knochen
Es war ein Meisterstück imperialistischer Kanonenbootpolitik: Unter Ausnutzung der inneren Spannungen und Konflikte innerhalb der korrupten kurdischen Klans haben es die regionalen Mächte im Nah- und Mittelost geschafft, den kurdischen Traum von nationaler Selbstbestimmung binnen weniger Tage zu zerschlagen. Der in den Kurdengebieten des Irak herrschende Barzani-Klan steht vor den Trümmern seiner per Referendum forcierten Unabhängigkeitspolitik, nachdem konkurrierende Kurdengruppen sich aus den Frontlinien um die umkämpfe Ölstadt Kirkuk schlicht zurückzogen.
Ein unabhängiges Kurdistan, einen Staat für das größte staatenlose Volk der Welt, wird es nicht geben, nachdem schiitische, mit dem Iran verbündete Milizen (offiziell als „Irakische Streitkräfte“ bezeichnet) in einem Überraschungsangriff weite Teile der kurdischen Autonomieregion überrannten. Während die iranisch unterstützen Milizen vorrückten, hat die Türkei den Luftraum und die Grenzen zu Irakisch-Kurdistan geschlossen, sowie ihre militärischen Aktivitäten in Nordirak verstärkt.
Die Annäherung der geopolitischen Rivalen Türkei und Iran in der Region findet somit über der Leiche Kurdistans statt. Beide Regime, die über kurdische Minderheiten herrschen, wollen in den von den Kurden eroberten Grenzgebieten neue Grenzübergänge einrichten, um diese weiter zu isolieren.
Das geheiligte „Selbstbestimmungsrecht der Völker“, das insbesondere deutschen „Antiimperialisten“ jedweder politischen Couleur so am Herzen zu liegen scheint, wurde hier offensichtlich mit Füssen getreten: Gerade von dem in diesen Kreisen gerne als objektiv „antiimperialistisch“ agierenden iranischen Regime, das dabei mit der Türkei kooperierte. Dies geschah selbstverständlich mit Wissen und – mindestens – der Tolerierung aus Moskau, das ja eben diese Regionalmächte an einem Verhandlungstisch bei den Syrien-Verhandlungen in Astana brachte.
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