Telepolis, 25.03.2013
Was die Zypernkrise über die Zustände in Deutschland und seinem Europa zutage fördert
Wir basteln uns ein Feindbild. Folge 214: Zypern. Als Grundlage hierfür eignet sich das allgemeine Ressentiment gegen „Südeuropäer“: arbeitsscheu, unzuverlässig, verschwenderisch, unsolide. Aufbauend darauf kann man auf die irrationale urdeutsche Unterscheidung zwischen dem „guten schaffenden“ und dem „bösen raffenden Kapital“ zurückgreifen. Zyperns aufgeblähter Finanzsektor kann doch nur Ausdruck moralischer Verkommenheit und einer ungehemmten Zockermentalität sein, oder nicht? Russen kommen auch immer gut, die Assoziationskette stellt sich da fast automatisch ein: Russe, Oligarch, Mafia, Schwarzgeld. Abgerundet wird das Ganze noch mit einer Neid schürenden Studie der Bundesbank, die dazu dient, Südeuropäern einen sagenhaften Reichtum anzudichten, und der Empörung darüber, dass ein kleines Land wie Zypern es überhaupt wagt, den Weisungen aus Berlin nicht umgehend Folge zu leisten.