„Junge Welt“, 14.11.2011
Antifas bereits vor Ausschreitungen in Warschau festgenommen
Warschau. Polens Faschisten können aufatmen. Noch am Freitag abend sah es so aus, als ob sich die von rechtsextremen Schlägerbanden in Warschau angerichteten Verwüstungen zu einem politischen Fiasko für die gesamte polnische Rechte entwickeln würden. Allgegenwärtig waren in den Medien die Bilder von Skinheads und rechtsextremen Fußballhooligans, die während des rechten »Marsches der Unabhängigkeit« in blinder Zerstörungswut eine Schneise der Verwüstung durch die Warschauer Innenstadt zogen. Die öffentliche Empörung über diese Krawalle seitens selbsternannter polnischer »Patrioten« am Nationalfeiertag war nahezu einhellig.
Doch dann konnte der erzreaktionäre polnische Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski einen passenden Sündenbock für die Ausschreitungen präsentieren, die Dutzende von Verletzten und mehr als 200 Festnehmen zur Folge hatten: In der Mitte Warschaus hätten am polnischen Nationalfeiertag Deutsche angefangen, »Polen zusammenzuschlagen, nur weil sie nationale Symbole getragen« hätten, erklärte Kaczynski. Seitdem überschlägt sich Polens Rechte in Forderungen nach unverzüglicher »Aufklärung« dieser deutschen »Übergriffe.«
Nach Angaben der Organisatoren der Antinaziproteste in Warschau wurde eine größere Gruppe von deutschen und polnischen Antifaschisten auf ihrem Weg zur Gegendemonstration von Nazis angegriffen und zur Selbstverteidigung genötigt. Danach wurden die Antifaschisten von der Polizei festgenommen. Diese Vorgänge ereigneten sich demnach lange vor Beginn der Demonstration und der Ausschreitungen.