„Junge Welt“, 25.06.2009
Washington kann Schließung seines Militärstützpunktes in Kirgisien abwenden. Neue Transitbestimmungen und neues Statut für die Basis vereinbart
Den Vereinigten Staaten ist es offensichtlich gelungen, die drohende Schließung ihres letzten in Zentralasien verbliebenen Militärstützpunktes abzuwenden – allerdings nur unter gravierenden Einschränkungen. Die unweit der kirgisischen Hauptstadt Bischkek gelegene Luftwaffenbasis Manas spielt eine zentrale Rolle bei der Versorgung der westlichen Besatzungstruppen in Afghanistan. An die 500 Tonnen Versorgungsgüter und 15 000 Mann wurden allmonatlich durch Manas nach Afghanistan befördert. Wie wichtig dieser Stützpunkt den USA ist, wird allein aus der Tatsache ersichtlich, daß Washington 2006 einer Erhöhung der Pachtgebühren von zwei Millionen US-Dollar auf insgesamt 167 Millionen US-Dollar zugestimmt hatte.
Dennoch gelang es dem Kreml im vergangenen Februar, die kirgisische Führung vermittels großzügiger Kreditvergabe im Umfang von rund zwei Milliarden US-Dollar dazu zu bewegen, der US-Armee diesen zwischen China und Rußland ungemein günstig gelegenen Stützpunkt zu kündigen. Die Regierung in Bischkek hatte den USA eine Frist bis zum 18. August gesetzt, um die Basis gänzlich zu schließen.
Keine Soldaten und Waffen
Am vergangenen Dienstag folgte dann die Kehrtwende: Der amerikanische Luftwaffenstützpunkt Manas, auf dem an 1000 US-Soldaten ihren Dienst versehen, soll kirgisischen Regierungsangabenzufolge erhalten bleiben. Es wurden aber neue Transitvereinbarungen sowie ein neues Statut für die Basis vereinbart. Demnach dürfen über Manas künftig nur »nichtmilitärische Güter« zur Versorgung der westlichen Truppen in Afghanistan befördert werden. Der Transport von Soldaten, Munition und Waffen sind von dieser für ein Jahr gültigen Vereinbarung ausgeschlossen. Der neue Vertrag hat ähnliche Abkommen zum Vorbild, die Washington etwa mit Tadschikistan oder Usbekistan in Reaktion auf die drohende Schließung seiner kirgisischen Basis abschloß.
Diesem neuen Deal gingen intensive diplomatische Bemühungen voraus. Ende Mai fungierte der türkische Präsident Abdullah Gül während seiner Visite in Kirgisien als Vermittler zwischen Washington und Bischkek. Anfang Juni wandte sich der afghanische Präsident Hamid Karsai in einem persönlichen Schreiben an seinen kirgisischen Amtskollegen Kurmanbek Bakijew, in dem er vor einer Destabilisierung der gesamten Region – ausdrücklich auch Kirgisiens – warnte, sollte der amerikanische Stützpunkt geschlossen werden. Schließlich sandte am 11. Juni auch US-Präsident Barack Obama höchstpersönlich ein ähnliches Schreiben an die kirgisische Führung. Erst nach diesem Appell erklärte Bakijew öffentlich, eventuell ein Angebot an die USA zum »Ausbau der Beziehungen« in Erwägung zu ziehen.
Lukrativer Vertrag
Das neue Abkommen soll ersten Einschätzungen zufolge für Kirgisien äußerst lukrativ ausfallen. Die New York Times meldet, das die direkte Pacht 60 Millionen US-Dollar betragen werde, hinzu kämen kämen 36,6 Millionen US-Dollar für den Flughafenausbau, sowie »Dutzende Millionen Dollar« zur Stimulierung der wirtschaftliche Entwicklung. Zuvor zahlte Washington 17 Millionen US-Dollar Pacht und 150 Millionen US-Dollar Entwicklungshilfe. Der kirgisische Politologe Alexander Knjasew erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur RIA-Nowosti, daß Kirgisien so Einnahmen von bis zu »350 Millionen Dollar im Jahr« erzielen könnte.
Dabei geht Knjasew davon aus, daß diese neue Vereinbarung keinesfalls gegen den Willen Moskaus zustande kam: »Die endgültige Entscheidung wird wahrscheinlich von den Präsidenten Rußlands und der USA bei ihrer Begegnung im Juli getroffen.« Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der kirgisischen Präsidentenpartei »Große Einheit«, Emil Kaptagajew, gegenüber RIA-Nowosti: »Diese Frage wird nicht Kurmanbek Bakijew, sondern Dmitri Medwedew lösen. Unser Präsident hat von Rußland 450 Millionen Dollar erhalten und damit Moskau gleichsam das Recht abgetreten, über die Basis zu entscheiden.«