USA: Land der begrenzen Freiheit

„Junge Welt!“, 06.01.2006
Häftlingszahlen in den Vereinigten Staaten erreichen ein Rekordhoch

Die US-amerikanische Gefängnisindustrie kann sich über ein ordentliches Wachstum freuen. Laut einer jüngst veröffentlichten Untersuchung des US-Justizministeriums stieg die Anzahl der amerikanischen Häftlinge zwischen 1995 und Ende 2005 um 35 Prozent auf 2,2 Millionen Menschen. Unter Berücksichtigung der auf Bewährung entlassenen und zu Bewährungsstrafen verurteilten US-Bürger sind es sogar sieben Millionen Menschen, die sich in den Mühlen des amerikanischen Justizsystems befinden. Das entspricht drei Prozent der Bevölkerung.

Damit erreicht der Gefängnis-Industrie-Komplex der Vereinigten Staaten einen weltweit einmaligen Umfang. In den USA sitzen 700000 Menschen mehr in den Haftanstalten als in der Volksrepublik China. In dem bevölkerungsreichsten Land sind 1,5 Millionen Menschen inhaftiert. Auch das von US-Politikern regelmäßig als autokratisch diffamierte Rußland bleibt mit 870000 Häftlingen in absoluten wie auch in relativen Zahlen hinter den USA.

Denn auch in Relation zur gesamten Bevölkerungszahl weisen die Vereinigten Staaten die höchste Dichte an Gefängnisinsassen auf. Von 100000 US-Bürgern befinden sich derzeit 737 in Gefängnissen, in Rußland sind es 611 Menschen, wobei diese Werte in westeuropäischen Ländern noch um einiges niedriger ausfallen: in England sind nur 161, in Frankreich sogar nur 85 von 100000 Bürgern in Haft. Bei einem US-Anteil von fünf Prozent an der Weltbevölkerung finden sich in den Vereinigten Staaten 25 Prozent der weltweit ausgewiesenen Gefängnisinsassen.

Betroffen sind in den USA insbesondere die sozial marginalisierten Bevölkerungsteile und die Rassismus ausgesetzten ethnischen Minderheiten, wie Afroamerikaner und Einwanderer aus Lateinamerika. So sind 40 Prozent aller Gefängnisinsassen farbig und 20 weitere Prozent Latinos – inzwischen befinden sich acht Prozent aller schwarzen Amerikaner zwischen 25 und 29 Jahren in Haftanstalten.

Der massive Ausbau des teilweise privatisierten Strafvollzugsystems der USA wird aus längerfristiger Perspektive besonders deutlich: In den sechziger und siebziger Jahren waren nur etwa 200000 Menschen in den USA inhaftiert, die Ausgaben des Staates für den Strafvollzug beliefen sich 1982 auf neun Milliarden US-Dollar. Heutzutage werden etwa 60 Milliarden US-Dollar in Bundes- und Länderhaushalten der Vereinigten Staaten für das Gefängnissystem veranschlagt. Zu einem immer größeren Teil fließen sie auf die Konten privater Gefängniskonzerne.

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