Ohne Moos nix los

„Junge Welt“, 05.02.2008
Das Kapital gewinnt immer: Banken und Großkonzerne überschütten die US-Präsidentschaftsbewerber mit Geld

Wie elektrisiert berichtete die britische Ausgabe der Financial Times von einem Wahlkampfrennen der ganz besonderen Art. Die US-Präsidentschaftskandidaten befänden sich in einem Sprint um den Titel »Milliardenpräsident«, proklamierte das Wirtschaftsblatt, da die Wall Street und die amerikanischen Großkonzerne derzeit Geld in einem vorher ungenanntem Ausmaß in die Kampagnen der verschiedenen Mitbewerber »hineinpumpen«.

Der diesjährige Wahlkampf habe sehr früh angefangen und die Wirtschaft gezwungen, ihre Zuwendungen »generös zu verteilen«, um gute Beziehungen zu den acht aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten zu gewährleisten, die anfangs im Rennen waren. »Diese Wahl kann mit keiner anderen verglichen werden, weil sie bereits so früh mit soviel Geld gestartet ist«, erklärte der Pressesprecher des Center for Responsive Politics, Massie Ritsch, gegenüber der Financial Times. Laut Ritsch, dessen Organisation die Finanzierung politischer Organisationen analysiert, hängt der über den Kandidaten niedergehende Geldsegen auch mit dem »offenen Sitz« bei diesem Wahlkampf zusammen. Es sei das erste Mal seit 80 Jahren, daß an dem Urnengang kein Amtsinhaber oder ein Vizepräsident teilnehme, so Ritsch, was die große Anzahl ernsthafter Kandidaten – und folglich die große Streuung finanzieller Zuwendungen seitens des Kapitals – erkläre.

Doch selbst nachdem das Bewerberfeld auf je zwei demokratische und republikanische Kandidaten abgeschmolzen ist, fließen immer noch Rekordbeträge in deren Wahlkampfkassen. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama erhielt allein im Januar 32 Millionen US-Dollar an Wahlkampfspenden, seine Mitbewerberin Hillary Clinton konnte im selben Zeitraum 27 Millionen US-Dollar an Zuwendungen verbuchen. Insgesamt konnte Obama bis Ende 2007 über 102 Millionen US-Dollar an Spenden einsammeln, bei Clinton waren es sogar mehr als 115 Millionen.

Der nächste Präsident dürfte wohl ein Demokrat werden, da die Republikaner im Gegensatz zu früheren Wahlgängen beim Spendenmarathon klar zurückliegen. Selbst die eher konservativ gesinnte Wall Street präferiert diesmal die Demokraten. Der hochdekorierte Kriegsveteran John McCain konnte bis Ende vergangenen Jahres insgesamt nur bescheidene 41 Millionen US-Dollar auf seinem Spendenkonten verbuchen, während sein aus der Heuschreckenbranche (Investmentbranche) stammender Herausforderer Mitt Romney immerhin 88 Millionen erhielt. Laut dem Center for Responsive Politics muß ein Kandidat 2008 inzwischen die Rekordsumme von 500 Millionen US-Dollar aufbringen, um bei der Wahl konkurrenzfähig zu sein.

Insbesondere Hillary Clinton hat es den Chefetagen des US-Finanzkapitals angetan. Die Vorstandsvorsitzenden etlicher Investmentbanken, wie der Chef vom Morgan Stanley, John Mack, unterstützen die Senatorin des Bundestattes New York. Auch Barack Obama erhielt erheblichen Rückenwind von der Wall Street. Viele jüngere Vorstände etlicher Finanzgesellschaften unterstützen den als »Kandidat des Wechsels« auftretenden Senator aus Illinois. Im »Klub Obama« finden sich solch illustre Gestalten wie der Gründer des Hedge-Fonds Eton Park, Eric Mindich, oder Jamie Rubin, der Sohn von Robert Rubin, des früheren Finanzministers unter William Clinton, der derzeit seine eigene Private-Equity-Gesellschaft leitet.

Aufgrund des amerikanischen Wahlrechts sind alle Präsdentschaftskandidaten hauptsächlich auf private Spenden angewiesen. Zu den wichtigsten Finanzierungsquellen zählen hierbei das Finanzkapital, Anwälte sowie Anwaltskanzleien, Lobbyverbände und die Ölkonzerne. Da individuelle Spenden an die Kandidaten auf 2300 Dollar begrenzt sind, wird in Unternehmen sehr häufig die Praxis des »Bündelns« von Zuwendungn praktiziert. So sammelten bis Oktober 2007 die Angestellten der Investmentbank Goldman Sachs 338690 US-Dollar für Hillary Clinton und 360328 US-Dollar für Barack Obama, die dann gebündelt auf deren Wahlkampfkonten gingen. Ähnlich großzügig zeigten sich die Banker von Morgan Stanley und der Citibank, sowie unzählige andere Finanzgesellschaften und Versicherungen.

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