junge Welt, 17.09.2016
Der »Krisenimperialismus« ist kaum mehr auf Beherrschung aus. Ziel ist, die »Überflüssigen« von den kapitalistischen Zentren fernzuhalten
Der Kapitalismus ist kein Naturding. Er ist nicht die ewige Voraussetzung menschlicher Entwicklung, wie es die herrschende Ideologie mit ihrer Naturalisierung kapitalistischer Verhältnisse propagiert. Beim kapitalistischen Weltsystem handelt es sich um eine historisch kurze, instabile und autodestruktive Gesellschaftsformation, die – ausgehend von ersten Ansätzen vor rund 500 Jahren – ihren gesamtgesellschaftlichen Durchbruch im Rahmen der berüchtigten ursprünglichen Akkumulation erst vor gut 300 Jahren erlebte. Die Zivilisationsgeschichte spielte sich somit überwiegend außerhalb der kapitalistischen Vergesellschaftungsformen ab, die heutzutage als selbstverständlich angesehen werden.
Was den Kapitalismus von all den vorherigen Gesellschaftsformationen unterscheidet, ist die ungeheure, mehrdimensionale Expansionsdynamik dieses Weltsystems, die Folge eines tendenziell grenzenlosen Akkumulationsprozesses des Kapitals ist, der auf der Verwertung von Lohnarbeit in der Warenproduktion basiert. Der Verwertungszwang des Kapitalverhältnisses – die konkurrenzvermittelte Notwendigkeit, aus Geld mehr Geld zu machen – ist in sich selbst widersprüchlich. Die entscheidende, das kapitalistische Weltsystem tendenziell in den Kollaps führende Schranke ist das Kapital selbst.
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