„Neues Deutschland“, 17.05.2010
Drei Jahre Trockenheit offenbarten übermäßigen Wasserbedarf Kaliforniens
Der April brachte dem dürregeplagten Kalifornien endlich die ersehnte Atempause. Überdurchschnittliche Niederschläge ließen den zuvor bedrohlich niedrigen Pegel vieler Wasserreservoirs rasch ansteigen. Dennoch weigerte sich Gouverneur Arnold Schwarzenegger, offiziell ein Ende der dreijährigen Dürre und der damit einhergehenden Sparmaßnahmen zu verkünden.
Der bevölkerungsreichste Bundesstaat der USA ist bei seiner Wasserversorgung zum großen Teil auf eine ergiebige Schneeschmelze in der Sierra Nevada angewiesen. Der Oroville-Stausee, das zweitgrößte Wasserreservoir Kaliforniens, ist dennoch nur zu 71 Prozent gefüllt, berichtete der »San Francisco Chronicle« Anfang Mai.
Die jahrelange mörderische Dürreperiode ist noch lange nicht ausgestanden. Zudem gehen viele längerfristige Klimaprognosen davon aus, dass der »Sonnenstaat« – wie auch andere Regionen mit mediterranem Klima – künftig mit viel geringeren Niederschlagsmengen rechnen müssen. Selbst Kaliforniens Department für Wasserressourcen geht davon aus, dass sich die Schneedecke der Sierra Nevada bis zur Jahrhundertmitte um 25 bis 40 Prozent verringern werde.
Spätestens dann dürfte auch die auf Ertrags- und Profitmaximierung abzielende Agrarstruktur Kaliforniens nicht mehr aufrecht zu erhalten sein, die bereits in der vergangenen Dürre an ihre Grenzen stieß. Die wichtigste Agrarregion des Westküstenstaates, das Central Valley, erlebte in den Dürrejahren milliardenschwere Ernteverluste. In vielen landwirtschaftlich geprägten Gemeinden, die Erwerbslosenquoten von 20 bis 40 Prozent aufwiesen, mussten ab Mitte 2009 Lebensmittelrationen verteilt werden.
Noch gravierender sind die langfristigen ökologischen Auswirkungen des übermäßigen Grundwasserverbrauchs, mit dem viele Landwirtschaftsunternehmen die fehlenden Niederschläge zu kompensieren versuchten. Ende 2009 schlug die US-Raumfahrtbehörde NASA Alarm, weil Satellitenmessungen ein rapides Absinken des Grundwasserspiegels in weiten Teilen des Central Valley zeigten. Die entnommene Wassermenge war so enorm, dass dies messbare Veränderungen im lokalen Gravitationsfeld Kaliforniens nach sich zog. 30 Kubikkilometer Grundwasser – genug, um Lake Mead, den größten Stausee der USA, zu füllen – seien zwischen 2003 und 2009 zu Bewässerungszwecken abgepumpt worden. Diese »Bewässerungsrate« sei aber »nicht nachhaltig« und könne aufgrund eines fallenden Wasserspiegels zu »Wassermangel und fallenden Ernteerträgen« führen und somit enorme Auswirkungen auf die gesamte amerikanische Ökonomie nach sich ziehen, hieß es in dem entsprechenden NASA-Bericht. Hinzu kommt, dass der Großraum Los Angeles ebenfalls in hohem Maße auf Wasserzufuhr aus der Sierra Nevada angewiesen ist.
Die langfristigen Folgen dieser Agrarstruktur sind zumindest dem amerikanischen Energieminister Steven Chu durchaus geläufig: »Wir schauen auf ein Szenario, wo es keine Landwirtschaft mehr in Kalifornien geben kann. Ich sehe eigentlich auch nicht, wie die Städte am Laufen gehalten werden können«, erklärte Chu kurz nach seiner Amtseinführung gegenüber der »Los Angeles Times«. Dabei spiegelt die Wasserkrise in Kalifornien eine landesweite Tendenz wider, da die USA mit ca. 300 Litern pro Kopf einen sehr hohen durchschnittlichen täglichen Wasserkonsum aufweisen. In den Niederlanden liegt dieser Wert beispielsweise bei nur 130 Litern täglich.