30.04.2009
Ukrainischer Bezirk will 1943 formierte SS-Division »Galizien« offiziell rehabilitieren
Der ukrainische Geschichtsrevisionismus treibt immer abscheulichere Blüten. Der Rat des westukrainischen Bezirks Ternopil wandte sich am vergangenen Dienstag an den ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko mit offiziellen Antrag, die hauptsächlich aus ukrainischen Faschisten ab dem Juli 1943 formierte SS-Division »Galizien« zu rehabilitieren. Ab 1944 war diese faschistische Militäreinheit aktiv an deutschen Vernichtungsaktionen in Polen, der Ukraine, Belorußland, der Slowakei und Jugoslawien beteiligt, wo sie zahlreiche Massaker beging.
Die von der neofaschistischen Partei »Swoboda« getragene Initiative zielt darauf ab, die ukrainischen SS-Männer als »Kämpfer um die Freiheit der Ukraine« anzuerkennen, was gleichbedeutend mit der Anerkennung eines Veteranenstatus wäre. Die faschistischen Kräfte in der westlichen Ukraine fühlen sich gerade im Aufwind, konnte doch »Swoboda« am 15. März bei vorgezogenen Regionalwahlen in der Region Ternopil überraschend einen Erdrutschsieg verzeichnen und 35 Prozent aller Wählerstimmen auf sich vereinigen. Der Anführer dieser Gruppierung, Oleh Tjahnibok, ist ein alter Bekannter Juschtschenkos, da er bis 2004 in der Präsidentenpartei »Unsere Ukraine« tätig war und erst nach massiver antisemitischer Hetze aus dieser ausgeschlossen wurde.
Im westukrainischen Lwiw ging die nationalistische Stadtverwaltung Mitte April dazu über, die ukrainischen Kollaborateure Nazideutschlands auf Plakaten zu ehren, auf denen der SS-Division Galizien unterstellt wurde, die Ukraine ‚verteidigt‘ zu haben. Bereits am 5. März hatten die Stadtoberen ein Denkmal für den Nazi-Kollaborateur und Führer der »Ukrainischen Aufstandsarmee« (UPA), Roman Schuchewitsch, aufstellen lassen, der im Juli 1941 an der Spitze des Kollaborateursbataillons »Nachtigall« das bestialische Pogrom an der jüdischen Bevölkerung Lwiws in Kooperation mit Wehrmachtseinheiten organisiert hatte. Im Oktober 2007 wurde Schuchewitsch auf Erlaß Juschtschenkos der Titel eines »Helden der Ukraine« zuerkannt. Die Chancen stehen somit nicht schlecht, daß auch die SS-Männer der Division »Galizien« von Juschtschenko als »Kämpfer um die Freiheit der Ukraine« anerkannt werden.
Im Antifaschismus hat der ukrainische Präsident unterdessen ein neues Feindbild gefunden. Nachdem sich am 17. April mehrere Antifaschisten in Odessa erfolgreich gegen einen Überfall zahlenmäßig weit überlegener Neonazis zu Wehr setzten konnten, in dessen Verlauf ein Angreifer ums Leben kam, wies Juschtschenko den ukrainischen Geheimdienst SBU an, verstärkt gegen antifaschistische Strukturen vorzugehen. Die ukrainische Presse ignoriert bei ihrer Berichterstattung hartnäckig die Notwehrsituation der angegriffenen Antifas und spricht von »pro-russischen Militanten«, die einen »Aktivisten einer patriotischen Zivilorganisation« ermordet hätten. Folglich soll der SBU laut Juschtschenko die »extremistischen antifaschistischen Organisationen« auf etwaige Koordinierung mit »ausländischen, antiukrainischen« Kräften beleuchten.
Viele politische Kräfte in der Ukraine stellen sich diesem geschichtsrevisionistischen und neofaschistischen Kesseltreiben entgegen. Der ukrainische Parlamentspräsident Wladimir Litwin hat sich gegen die Politik von Präsident Viktor Juschtschenko zur Rehabilitierung der Veteranen der UPA gewandt. In einem offenen Brief appellierten Vertreter etlicher zivilgesellschaftlicher Organisationen an den Generalsekretär der Vereinigten Nationen und den ukrainischen Staatschef, die Stadtverwaltung Lwiws wegen ihrer geschichtsrevisionistischen Umtriebe zu verurteilen und zu bestrafen. Die Initiatoren des Schreibens erinnern daran, daß die ukrainischen Nazikollaborateure der SS-Division »Galizien« bei ihrer Vereidigung dem »deutschen Führer Adolf Hitler« ewige Treue geschworen haben.