Smartes Programm

„Junge Welt“, 23.03.2012
Designierter Premier der Slowakei verspricht allen alles. Er will mit Rückkehr zu originär sozialdemokratischer Politik punkten

Werden die slowakischen Sozialdemokraten, die als Sieger aus den vorgezogenen Parlamentswahlen am 10. März hervorgegangen waren, ihre Versprechen halten? Der künftige Regierungschef Robert Fico setzte kürzlich bei etlichen Gelegenheiten inhaltliche Akzente, die bereits Rückschlüsse auf den künftigen Kurs seines Kabinetts erlauben. Ficos sozialdemokratische Partei SMER verdankt ihren souveränen Wahlsieg, bei dem sie erstmals in der jungen Geschichte des Landes mit 83 von 160 Parlamentssitzen die absolute Mehrheit errang, einerseits den ausufernden Korruptionsaffären der konservativen und neoliberalen Kräfte, die eine schwere Niederlage hinnehmen mußten. Andrerseits hat Fico die SMER im Wahlkampf erfolgreich als eine klassisch sozialdemokratische Partei positioniert, die Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit, Wachstumspolitik und Besteuerung der Wohlhabenden ins Zentrum ihrer Argumentation rückte.

Bei einer Reihe von Interviews mit westlichen Wirtschaftsmedien und Nachrichtenagenturen bekräftigte Fico jüngst diesen sozialpolitischen Kurs: »Wenn unsere Wirtschaftsreformen scheitern, werden es uns die Wähler verzeihen. Aber sie werden es nicht tolerieren, angelogen worden zu sein«, zitierte die Financial Times (London) den designierten Premier. Zu den Vorhaben gehört auch die Abschaffung der sogenannten Flat-Tax, eines einheitlichen Steuersatzes von 19 Prozent, den Fico während seiner ersten Amtsperiode als Regierungschef noch nicht antastete. Im Gespräch seien inzwischen höhere Steuersätze von 25 Prozent ab Januar 2013 für Besserverdienende (ab 2750 Euro Monatseinkommen) sowie steigende Unternehmenssteuern für Großbetriebe von 22 oder 23 Prozent, berichtete die Financial Times.

Eine Anhebung der Mehrwertsteuer werde unter Fico höchstens »marginal« ausfallen, da dieser angesichts des rasch schwindenden Verbrauchervertrauens »die Konsumenten nicht verunsichern« möchte, so das Londoner Wirtschaftsblatt weiter. Zudem will Fico einen Kahlschlag im Sozialsystem verhindern: »Das Einfrieren von Pensionen und Sozialleistungen kommt für uns überhaupt nicht in Frage.« Gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg betonte er, daß er die Defizitreduzierung nicht als das »finale Ziel der Politik« ansehe, wenn er hierbei der verarmten Bevölkerung »in die Taschen greifen« müsse. Die angespannte Haushalts- und Wirtschaftslage will der Sozialdemokrat nicht nur durch die verstärkte Besteuerung der Wohlhabenden, der Unternehmen und Banken verbessern, sondern mit großen öffentlichen Investitionsprojekten, die auch in privat-öffentlicher Kooperation (PPP) erfolgen könnten und die das Wachstum ankurbeln würden.

Mittels dieser klassisch sozialdemokratischen Wirtschaftsstrategie will Fico vor allem die Vorgaben des Euro-Fiskalpaktes einhalten. Gleich nach seiner Wahl hatte der Sozialdemokrat sein Einverständnis mit der maßgeblich von der Merkel-Adminstaration geformten Krisenpolitik in Europa bekräftigt. Hierzu gehört die Absenkung des Haushaltsdefizits auf weniger als drei Prozent des Bruttosozialprodukts bis 2013, wie auch die vorbehaltlose »Unterstützung der Euro-Krisenpläne Merkels«, wie es Bloomberg formulierte. »Die Europäische Union kann sich auf SMER in der Slowakei verlassen«, postulierte Fico.

Unklar bleibt indes, wie die SMER ihre sozialdemokratische Politik konkret mit den knallharten Austeritätsvorgaben des deutschen Euro-Fiskalpaktes und der desaströsen Finanzlage Bratislavas in Einklang bringen will. Das Etatdefizit soll in diesem Jahr jüngsten Prognosen zufolge auf 5,2 Prozent ansteigen, während die Wirtschaft sogar bei 0,9 Prozent stagnieren könnte – bei einer Arbeitslosenquote von 13,7 Prozent. Die von Berlin geforderte Absenkung des Haushaltsdefizits auf drei Prozent des BIP wird nur mit den bereits angekündigten Maßnahmen jedenfalls nicht möglich sein.

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