Eintrübung zwischen Ankara und Baku

„Junge Welt“, 14.04.2009

Die in den letzten Monaten rasch voranschreitende Annäherung zwischen Armenien und der Türkei löst in Aserbaidschan massiven Unmut aus. Bislang machte Ankara eine Normalisierung der Beziehungen mit Jeriwan von der Rückgabe der größtenteils armenisch besiedelten Region Bergkarabach an Aserbaidschan abhängig. Diese war in einem blutigen Bürgerkrieg Anfang der 90er Jahre mit armenischer Unterstützung aus Aserbaidschan gelöst worden. Zudem belastete der von Ankara immer noch geleugnete Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges die Beziehungen beider Staaten.

Doch inzwischen scheint sogar eine Öffnung der Grenze zwischen der Türkei und Armenien möglich, die seit dem armenisch-aserbaidschanischen Krieg geschlossen war. Die Reaktion aus Baku fielen entsprechend harsch aus. Der aserbaidschanische Außenminister Elmar Mammadyarow erklärte am 2. April hierzu: »Wenn die Grenze geöffnet wird, bevor die armenischen Truppen die besetzten Gebiete Aserbaidschans verlassen, dann läuft dies dem nationalen Interesse Aserbaidschans zuwider. Wir haben diese unsere Meinung der türkischen Führung mitgeteilt.« Aserbaidschans Präsident Ilcham Alijew lehnte auch jüngst einer Einladung seines türkischen Amtskollegen Abdullah Gül nach Istanbul ab.

In der Türkei selbst sind es kemalistische Kräfte und vor allem die faschistische Partei MHP, die sich einer Entspannung mit Armenien widersetzen. Inzwischen planen nationalistische Gruppen Demonstrationen, sollte die Grenze tatsächlich geöffnet werden. Der aserbaidschanische Presserat erklärte sogar, diese Proteste offiziell unterstützen zu wollen.

Auch die türkische Führung scheint nun auf eine baldige Entscheidung in der Nabucco-Frage – und somit auch in den Beziehungen zu Aserbaidschan – zu drängen. Kürzlich schickte der türkische Energieminister Hilmi Guler einen Brief an alle an dem Nabucco-Projekt beteiligten europäischen Staaten, in dem er dessen zügige Realisierung anmahnte. Man könnte den Vertrag »schon im Juni« unterzeichnen, so Guler, der aber auch betonte, daß die Türkei weiterhin 15 Prozent des durch ihr Territorium geleiteten Erdgases »für den eigenen Konsum« beanspruchen werde.

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