Deutsche Konzerne beim Ausverkauf in Hellas vornean

„Junge Welt“, 21.07.2011
Die griechische Regierung wurde bei der Gewährung des zweiten Pakets von Krisenkrediten nicht nur zu weiteren umfassenden Kürzungsmaßnahmen gezwungen, sondern auch zu einem gigantischen Privatisierungsprogramm, das binnen möglichst kurzer Zeit realisiert werden soll. Als Zielmarke gaben Berlin und Brüssel Einnahmen in Höhe von 50 Milliarden Euro vor. Unter den Hammer sollen nicht nur Staatsbetriebe, sondern auch weite Teile der griechischen Infrastruktur sowie im Staatsbesitz befindliche Gebäude und Grundstücke kommen.

Insbesondere BRD-Politiker drängten auf einen raschen Notverkauf. Vorbild soll die deutsche Treuhandanstalt sein, die nach dem Anschluß der DDR deren Vermögen binnen kürzester Zeit zu Spottpreisen an westdeutsche und ausländische Geschäftemacher verscherbelte. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) offerierte den Griechen umgehend deutsches Know-how: »Wir haben für die Agentur unsere Unterstützung durch Beratung durch erfahrene Mitarbeiter angeboten«.

Schäuble konnte zwar keinen Deutschen an der Spitze der griechischen Privatisierungsbehörde plazieren, doch deren kürzlich ernannter Direktor Kostas Mitropoulos, der im Investmentbanking und im Immobiliensektor für die griechische Eurobank tätig war, dürfte dem hiesigen Finanzmister ebenfalls zusagen. Bevor der große Ausverkauf beginnt, »sollen die Aktiva der Staatsbetriebe und die Immobilien an die Privatisierungsbehörde abgetreten werden«, erläuterte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Dabei warnte der stellvertretende Finanzminister Athens, Pantelis Oikonomou, bereits, daß die angepeilten 50 Milliarden Euro im Rahmen der Privatisierungskampagne angesichts der anhanltenden Wirtschaftskrise kaum eingenommen werden könnten.

Als Beispiel nannte die FAZ am 13. Juli den geforderten Verkauf der staatlichen Lotterie Opap, der ersten Schätzungen zufolge nur rund eine Milliarde Euro einbringen werde – was in etwa den jährlichen Zuflüssen an Steuern und Gewinnen von Opap für den griechischen Fiskus entspricht. Ein erstes Schnäppchen konnte bereits die Deutsche Telekom in Griechenland machen, als sie für knapp 400 Millionen Euro ihren Anteil am griechischen Telekommunikationsunternehmen OTE von 30 auf 40 Prozent erhöhte. Vor drei Jahren mußte die Telekom noch vier Milliarden Euro investieren, um 30 Prozent an OTE zu erwerben.

Deutsches Kapital scheint generell bei dem nun anstehenden Ausverkauf in Griechenland in den Startlöchern zu stehen, wie das Wall Street Journal im Juni berichtete: »Deutsche Unternehmen jagen nach Schnäppchen in Griechenland, während die überschuldete Regierung mit dem Verkauf von Staatseigentum beginnt, um die Finanzen des Landes zu stabilisieren.« So ist etwa der Flughafenbetreiber Fraport an der Übernahme von 55 Prozent des Flugplatzes in Athen interessiert. Auf den griechischen Stromkonzern DEH hat wiederum der Energiekonzern RWE ein Auge geworfen, hieß es in der FAZ.

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