Cowboys im Irak

„Junge Welt“, 07.08.2009
Blackwater-Chef vor Mordanklage? Ehemalige Söldner packen über Praktiken der größten Privatarmee der Welt aus

Während der Regentschaft von George W. Bush als US-Präsident galten die Söldnertruppen des privaten Militärunternehmens Blackwater als unantastbar. Doch nun tut sich was. Betroffen ist ausgerechnet Erik Prince, Gründer und Chef dieser mächtigsten Privatarmee der Welt, auf den eine Anklage wegen Mordes zukommen könnte. Zwei ehemalige Angestellte der vor allem im Irak operierenden Söldnerfirma beschuldigten ihren einstigen Boß unter Eid vor einem Gericht im US-Bundesstaat Virginia, die Ermordung eines Kritikers innerhalb des Unternehmens in die Wege geleitet zu haben. Die Männer erklärten, daß zumindest eine Person, die gegen Blackwater und Prince aussagen und mit Ermittlungsbehörden kooperieren wollte, »unter mysteriösen Umständen verstarb«.

Wie weiteren publik gewordenen Aussagen der beiden Belastungszeugen zu entnehmen ist, scheint Erik Prince – ein ehemaliger Angehöriger der US-Elitetruppe Navy Seals – tatsächlich eine Menge zu verbergen zu haben. Er »sieht sich selbst als einen christlicher Kreuzfahrer, beauftragt mit der Eliminierung der Muslime und des islamischen Glaubens« vom Antlitz der Erde, dessen Unternehmen »die Zerstörung irakischen Lebens beförderte und belohnte«, faßte das Nachrichtenmagazin The Na­tion die Charakterisierung von Prince durch seine ehemaligen Untergebenen zusammen. Die Londoner Times gibt Stellungnahmen der beiden Belastungszeugen wieder, denen zufolge die Blackwater-Söldner Iraker »zum Spaß« getötet hätten.

Des weiteren wurde Erik Prince vorgeworfen, illegal Waffen in den besetzten Irak eingeschmuggelt zu haben. Hierzu habe Blackwater die Flotte seiner privaten Transportflugzeuge benutzt. Die Führung des Söldnerunternehmens habe zudem belastbares Material – wie Videos, E-Mails oder Dokumente – gezielt und systematisch vernichtet sowie die US-Bundesbehörden fehlinformiert und in die Irre geführt. Die Identität der beiden Zeugen wird aus Angst um ihre Sicherheit geheimgehalten. Einer von ihnen erklärte, vom Management Blackwaters mit dem Tode bedroht worden zu sein.

Berichten der New York Times zufolge galten die Blackwater-Söldner selbst innerhalb der Besatzungskräfte im Irak als »Cowboys, die unbarmherzig und sinnlos aggressiv« agierten und eine »exzessive Bewaffnung« mit sich führten. Ihren bislang schlimmsten Exzeß begingen die Söldner am 16. September 2007, als eine Blackwater-Eskorte 17 irakische Zivilisten in Bagdad massakrierte. Untersuchungen der US-Streitkräfte kamen zu der Schlußfolgerung, daß die Privatkrieger ohne Provokation das Feuer eröffneten. Ursprünglich hatte Washington keine Anklage gegen diese Täter erheben wollen; und erst im Dezember 2008 erklärte das US-Justizministerium, daß fünf der an dem Massaker beteiligten Blackwater-Krieger wegen Totschlags vor Gericht kämen. Der Prozeß wurde für Anfang 2010 angesetzt.

Recherchen des Journalisten Jeremy Scahill beleuchteten den Aufstieg und die gesamten politischen Verflechtungen dieses Kriegsdienstleisters, dessen Unternehmen 1996 auf privatem Manövergelände in der Nähe eines Sumpfs in North Carolina gegründet wurde. Mittlerweile sei Blackwater der größte Söldnerkonzern der Welt, mit 20000 abrufbereiten Soldaten, einer riesigen privaten Militärbasis, einer Flotte von 20 Flugzeugen und mit etlichen Kampfhubschraubern, berichtete Scahill in einem Interview mit dem Radiosender »Democracy Now«.

Die Gründer von Blackwater um Prince hätten von dem erfolgreich antizipierten »Outsourcing« im Militärbereich profitiert. Zudem gehörte der christlich-fundamentalistische Prince zu den wichtigen Finanziers von Präsident George W. Bush. Blackwater sei so »nicht weniger als die pretorianische Garde der Bush-Administration während des sogenannten Krieges gegen den Terror« gewesen, schlußfolgerte Scahill.

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