Vom Regieren weit entfernt

„Junge Welt“, 02.12.2008
Sozialdemokraten bei Wahlen in Rumänien schwächer als erwartet

Der Morgen des 1. Dezember brachte für die rumänischen Sozialdemokraten (PSD) eine böse Überraschung mit sich. Die bislang größte Oppositionspartei von Parteichef Mircea Geoana galt laut den ersten Hochrechnungen am Sonntag abend noch als die künftig stärkste Kraft im neugewählten rumänischen Parlament. Doch am Montag vormittag, nach der Auszählung von mehr als siebzig Prozent aller Stimmen durch die zentrale Wahlkommission, sah die Lage schon ganz anders aus. Die oppositionellen Liberaldemokraten (PDL) lagen mit 34,67 Prozent knapp vor der PSD, die auf 33,36 Prozent kam. Die regierenden Nationalliberalen (PNL) von Ministerpräsident Calin Popescu Tariceanu kamen auf ca. 20 Prozent, während ihr Koalitionspartner, die Partei der ungarischen Minderheit (UDMR), bei 6,7 Prozent Wählerzuspruch lag.

PSD-Vorsitzender Geoana verbreitete auf einer Pressekonferenz am Montag mittag dennoch Optimismus, da die Stimmen in den Hochburgen der Partei in der Provinz zuletzt ausgezählt würden. Aber selbst wenn der leichte Vorsprung der PDL tatsächlich noch dahinschmelzen sollte, scheinen die Sozialdemokraten von einer Regierungsbeteiligung weit entfernt. Rumäniens Präsident Traian Basescu verfügt über beste Beziehungen zu den Liberaldemokraten, in deren Vorläuferorganisation, der »Demokratischen Partei« (PD), er es bis zum Parteichef brachte. Da der rumänische Präsident laut Verfassung den Premier ernennt, kommt die PDL so in die komfortable Lage, als »Königsmacher« fungieren zu können. Doch wo die Präferenzen der Liberaldemokraten liegen, das machte deren Chef Theodor Stolojan schon kurz nach Schließung der Wahllokale deutlich: »Die Rechte hat gewonnen…, so daß normalerweise der erste Dialogpartner die PNL sein dürfte.«

Die Führungsspitzen der PNL und PDL kennen sich noch sehr gut aus ihrer gemeinsamen Regierungszeit in der Allianz »Wahrheit und Gerechtigkeit«, die bei den Wahlen 2004 die Sozialdemokraten abwählte. Es war gerade der derzeitige Präsident und damalige PD-Chef Basescu, der eine zentrale Rolle bei der Formung dieses Bündnisses der rumänischen Rechtskräfte innehatte. Rechtzeitig vor den Wahlen stieg die zur PNL umgetaufte PD aus der Regierung aus, um sich als »Oppositionspartei« profilieren zu können. Die Rechtsallianz »Wahrheit und Gerechtigkeit« forcierte eine weitgehende Ausrichtung Rumäniens an die Bedürfnisse des westlichen Kapitals, wie es beispielsweise an der Einführung einer sogenannten Flat-Tax, eines einheitlichen Unternehmens- und Einkommenssteuersatzes von 16 Prozent, ersichtlich wird.

Während des Wahlkampfes überschüttete die PDL die Wähler mit weitgehenden Wahlversprechen, die angesichts der Auswirkungen der sich abzeichnenden Weltwirtschaftskrise auf Rumäniens Volkswirtschaft schlicht irreal sind. Doch mit diesem populistischen Manöver gelang des der PDL, den Sozialdemokraten, die einen antineoliberalen Wahlkampf führten und für mehr soziale Gerechtigkeit plädierten, die enttäuschte Wählerschaft streitig zu machen. Während die PSD beispielsweise die Aufhebung der Flat-Tax forderte und das neoliberale Wirtschaftsmodell für die anbrechende Krise verantwortlich machte, versprachen die Liberaldemokraten massive Lohnerhöhungen für die Angestellten im öffentliche Dienst.

Insgesamt war die Wahl durch eine breite politische Apathie in der Bevölkerung gekennzeichnet, die sich in einer miserablen Wahlbeteiligung von gerade 34 Prozent der ca. 18 Millionen Wahlberechtigten äußerte.

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