Medienliebling und Marktfundamentalist

03.07.2008
USA: Präsidentschaftskandidat der Republikaner John McCain steht für Verschärfung der Bush-Politik

Der progressive Medienaktivist Peter Hart ging jüngst mit den US-amerikanischen Massenmedien hart ins Gericht. Verfolge man den Wahlkampf des konservativen Präsidentschaftskandidaten John McCain (Republikaner) in den von Großkonzernen dominierten Fernsehsendern, so entstünde der Eindruck, er sei ein rebellischer Einzelgänger, der seine eigene Agenda verfolge und seinen Überzeugungen treu bleibe. »Die Realität erzählt aber eine ganz andere Geschichte«, so Hart, der für die medienkritische Organisation FAIR arbeitet. »Die Presse liebt McCain. Wir sind seine Basis«, zitierte Hart den NBC-Nachrichtensprecher Chris Matthews.

Seinen Ruf als »Saubermann« und Kämpfer gegen Lobbyismus wie Korruption erwarb sich McCain ausgerechnet nach einem ausgewachsenen Korruptionsskandal, der ihn 1989 beinahe seine politische Karriere gekostet hätte. Damals hielt er als Senator von Arizona seine schützende Hand über die dubiosen Spekulationen seines Ziehvaters, des Baulöwen und Bankers Charles Keating. Nachdem Keatings Finanzinstitut Lincoln Savings and Loan Association pleite ging und der Steuerzahler für dieses von McCain mitverursachte Finanzdebakel 3,4 Milliarden Dollar berappen mußte, gelobte McCain Besserung.

Der republikanische Senator aus Arizona kritisierte fortan die Wahlkampffinanzierung von Politikern durch Unternehmen, wie auch die weit verbreitete Praxis von entsprechenden »Gefälligkeiten«, die US-Abgeordnete immer wieder »ihren« Finanziers angedeihen lassen. 2001 gründete McCain sogar das Reform Institute mit, das diese Verfilzung politischer und ökonomischer Interessen bekämpfen sollte. Doch die Widersprüche dieser »konservativen« Reformpolitik wurde schnell deutlich: Auch besagtes Reform Institute erhielt Hundertausende Dollar von Unternehmen, die eine Lobbykampagne im Handelsausschuß des Senats führten – in diesem saß McCain.

McCain, dessen Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten von einer starken Wechselstimmung auch im republikanischen Lager zeugt, trennte sich 2005 vom Reform Institute. Seine auf eine Reform des Wahlfinanzierung gerichteten Anstrengungen gerieten in der Folgezeit in den Hintergrund – was blieb, war die von den Massenmedien bereitwillig verbreitete, plötzlich hochaktuelle, »rebellische« Rhetorik McCains, mit der die soziale Unzufriedenheit der republikanischen Wähler kanalisiert werden konnte.

Doch es steht außer Frage, daß ein Präsident McCain die Wirtschafts- und Sozialpolitik seines Amtsvorgängers sogar radikalisieren würde. Es sind gerade die in unbeugsamer Pose vorgetragene Ankündigungen weiterer Haushaltskürzungen, Steuersenkungen oder Privatisierungen im Gesundheitswesen, die das Rebellentum des »Champions der Freien Märkte« posierenden McCain beweisen sollen. Als seinen Wirtschaftsberater hat der in ökonomischen Fragen eher unbedarften McCain den ehemaligen Senator Phil Gramm ausgesucht, der sich für die Deregulierung der amerikanischen Finanzmärkte eingesetzt hat. Gramm, der inzwischen Vizepräsident der Schweizer Investmentbank USB ist, galt als ein wichtigsten Vertreter der Interessen des Finanzkapitals innerhalb des US-Senats. Seinen Marktfundamentalismus demonstrierte McCain Ende Juni sogar bei einer Wahlkampfveranstaltung vor Arbeitern des angeschlagenen Fahrzeugherstellers General Motors, wo er öffentliche Finanzhilfen für die in arge Bedrängnis geratene US-Autobranche kategorisch ausschloß.

Über beste Beziehungen verfügt McCain auch zu dem erzreaktionären Medienmogul Rupert Murdoch, dessen Fernsehsender und Zeitungen den angeblichen republikanischen »Einzelgänger« mit Samthandschuhen anfassen. Dabei hätten Murdochs Fox-News die Möglichkeit, über etliche Skandale innerhalb des Wahlkampfteams von McCain zu berichten, die immer um enttarnte Lobbyisten kreisten. Inzwischen mußte ein halbes Dutzend von »Beratern« das »Team McCain« verlassen, da sie in Lobbytätigkeit unter anderem für ExxonMobil, GM, EADS oder Burmas Militärjunta verstrickt waren. Ganzen 24 Mitarbeitern im Wahlkampfteam des Konservativen konnten Verbindungen zu diversen Lobbygruppen nachgewiesen werden. Für einen gewöhnlichen Kandidaten könnten diese Fakten das Ende einer aussichtsreichen Kandidatur bedeuten – doch die US-Medien »lieben« ihren »rebellischen« McCain viel zu sehr, um sich mit solchen Lapalien längere Zeit abzugeben.

Kommentar verfassen

Nach oben scrollen