NPD-Kandidat geoutet

„Junge Welt“, 29.08.2007
Antifas klären Nachbarschaft über neofaschistischen Spitzenkandidaten auf. Breites Bündnis gegen Wahlkampfauftakt der Rechtsaußenpartei

Alfred Brückner, hannoverscher Spitzenkandidat der NPD bei den kommenden niedersächsischen Landtagswahlen, wurde am vergangenen Sonntag jäh aus seiner bürgerlichen Idylle in Langenhagen-Wiesenau gerissen. Der bislang unauffällig in dem hannoverschen Vorort lebende Neofaschist bekam unerwarteten Besuch von einer Gruppe Antifaschisten, die mit Feuerwerkskörpern und Sprechchören gegen den langjährigen NPD-Funktionär protestierten. Die Demonstranten verteilten in Brückners Nachbarschaft Flugblätter, die auf seine braune Gesinnung aufmerksam machten. »Mit dem heutigen Outing von Alfred Brückner wollen wir deutlich machen, daß Nazis vor uns keine Ruhe haben«, kommentierte Sonja Brünzels, Sprecherin der Antifaschistischen Aktion Hannover.

Am 15. September will die NPD im zentral gelegenen »Hannover Congress Centrum« ihren Wahlkampfauftakt zu den Landtagswahlen abhalten. Inzwischen konnte gegen diese Provokation ein Breites lokales Bündnis gebildet werden, an dem neben antifaschistischen Gruppen und linken Parteien auch Gewerkschaften, Kirchen und bürgerliche Kräfte beteiligt sind. Um zehn Uhr soll eine vom Deutschen Gewerkschaftsbund angemeldete Auftaktkundgebung auf dem Opernplatz der Landeshauptstadt stattfinden, danach wird ein Demonstrationszug vor das Tagungszentrum ziehen. Antifaschisten aus der Region Hannover rufen zudem dazu auf, die NPD-Veranstaltung zu verhindern oder zumindest massiv zu stören.

Wie wichtig permanentes antifaschistisches Engagement in der Region ist, verdeutlichen jüngste Recherchen des Antifaschistischen Infoblattes. So habe sich ein informelles Netzwerk ehemaliger Aktivisten der 2001 verbotenen, faschistischen Gruppierung »Blood and Honour« etabliert, das bis in die Reihen der Bundeswehr hineinwirkt. Die alten Kameraden sind im Tattoo-Milieu tätig, organisieren Kampfsportveranstaltungen und betreiben den Verkauf von militärischer Ausrüstung. Sie haben den Militarialaden »Dezentral« in Deutschlands größter Garnisonsstadt, dem unweit von Lüneburg gelegenen Munster aufgebaut.

Besorgniserregend ist der Umstand, daß die ehemaligen Hannoveraner inzwischen paramilitärische Trainingskurse anbieten, gezielt auch für Soldaten und Reservisten der Bundeswehr. Auf einer ihrer Internetseiten teilen sie stolz mit, daß der ehemalige »Blood-and-Honour«-Aktivist Hannes Knoch am Training der Bundeswehr-Reservistenkameradschaft »Raid Team« teilnimmt, die als »besonders leistungsstark« gilt und sich an internationalen Militärwettkämpfen beteiligt. »Da es als bekannt gilt, daß es Angehörigen solcher Teams über Reservistenkameradschaftskontakte möglich ist, an Standardwaffen der Bundeswehr zu gelangen, befürchten regionale Antifaschisten, daß auch Knoch mit solchen Waffen trainiert«, so die Schlußfolgerung des Antifaschistischen Infoblattes.

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