Continental: Rabiat in Mexiko

„Junge Welt“, 25.04.2007
Repression gegen Gewerkschafter und Bereicherung an Pensionären – Geschäftspraktiken des Reifenkonzerns
Von Tomasz Konicz
Zur Aktionärsversammlung des in Hannover ansässigen Reifenherstellers Continental fanden sich diesmal auch mehrere Gäste aus den USA und Mexiko ein. Doch es waren keine Investoren oder Anteilseigner, die während einer ganzen Reihe von Veranstaltungen ihr Anliegen vortrugen. Es waren Gewerkschafter, die ein möglichst breites Publikum für das rücksichtslose Vorgehen des Konzerns gegen ihre Belegschaften zu sensibilisieren hofften.

Aus Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina reisten acht ehemalige Arbeiter eines vor zwei Jahren von Continental größtenteils aufgelösten Reifenwerks an, in dem zur Zeit nur noch eine Restbelegschaft von 174 Arbeitern beschäftigt ist. Mit Unterstützung ihrer Gewerkschaft, der United Steelworkers, kämpfen die ehemaligen Conti-Mitarbeiter um die Fortzahlung des »Arbeitgeberanteils« an ihren Krankenversicherungen. Den US-Arbeitern hatte der im DAX notierte Konzern kürzlich die Zuzahlung zur Krankenversicherung verringert, so daß die Betroffenen vor der Wahl stehen, sich finanziell zu ruinieren, oder ohne Krankenversicherung zu sein. Betroffen sind in den USA an die 3500 Arbeiter mitsamt ihren Familien, die das offizielle Rentenalter von 65 noch nicht erreicht haben. Die exorbitant hohen Krankenversicherungsbeiträge in den USA würden bis zu 60 Prozent der Rentenzahlungen der Betroffenen aufzehren. »Ich will in Würde sterben und nicht wegen der Gier eines Konzerns«, so einer der betroffenen Arbeiter während einer Pressekonferenz am Montag in Hannover.

Die aus Mexiko angereisten Gewerkschafter der Continental-Hausgewerkschaft SNTGTM beklagen eine massive Repressionskampagne des Konzerns gegen die Arbeitervertreter in der Reifenfabrik von San Louis Potosi. Nach einem Tarifstreik seien vier Gewerkschaftler von der mexikanischen Continental-Tochter General Tire mit fadenscheiniger Begründung entlassen worden. Die Gewerkschaft habe dem Druck der Geschäftsleitung, die eine weitgehende Revision bestehender Arbeitsverträge anstrebte, um der Belegschaft prekäre Arbeitsbedingungen aufzwingen zu können, widerstanden. Wegen eines Streiks von 15 Minuten Dauer warf der Konzern den Entlassenen »Geschäftsschädigung« und »Unredlichkeit« vor. Sie sollen durch den eher symbolischen Ausstand – der voll im Einklang mit dem mexikanischen Arbeitsrecht steht – die Produktion von 2300 Reifen verhindert und so dem Konzern einen Schaden von umgerechnet 74000 Euro zugefügt haben. Jetzt kämpfen Belegschaft und Gewerkschafter darum, daß der Konzern diese Repression zurücknimmt.

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